Martin Luther – In seiner plötzlichen und heftigen Krankheit. a. 1527.

Mein allerliebster Gott, wenn du es so willst haben, daß dieß die Stunde sey, die du mir versehen hast, so geschehe dein gnädiger Wille. – Vater unser rc. – Ach Herr, straf mich nicht in deinem Zorn rc. Ps. 6.

Herr, mein allerliebster Gott! ach wie gerne hätte ich mein Blut vergossen um deines Worts willen, das weißest du; aber ich bins vielleicht nicht werth. Dein Wille geschehe. Willst du es haben, so will ich gerne sterben; allein, daß dein heiliger Name gelobet und gepreiset werde, es sey durch mein Leben oder Tod. Wenns aber, lieber Gott, möglich wäre, möchte ich gerne länger leben, um deiner Gottseligen und Auserwählten willen. ist aber das Stündlein kommen, so mache, wie es dir gefället. Du bist ein Herr über Leben und Tod. Mein allerliebster Gott, du hast mich ja in die Sache geführt, du weißt es, daß es dein Wort und die Wahrheit ist. Hebe nicht empor, noch erfreue deine Feinde, auf daß sie nicht rühmen und sagen: wo ist nun ihr Gott? sondern verkläre deinen heiligen Namen, zuwider und Verdruß den Feinden deines seligen heilsamen Worts.

Mein allerliebster Herr Jesu Christe, du hast mir gnädiglich verliehen die Erkenntniß deines heiligen Namens. Du weißt, daß ich an dich, sammt Vater und heiligen Geist, einigen und wahren Gott, glaube, und mich tröste, daß du unser Mittler und Heiland bist, der du dein theures Blut für uns Sünder vergossen hast: stehe mir in dieser Stunde bey, und tröste mich mit deinem heiligen Geiste. Du weißt, Herr, daß ihrer viel, denen du es gegeben hast, ums Bekenntniß willen deines Evangelii ihr Blut vergossen haben. Ich hoffte, es würde noch dazu kommen, daß ich auch mein Blut um deines heiligen Namens willen hätte sollen vergießen; aber ich bins nicht werth; dein Wille geschehe.

Du weißt, Herr, daß mir der Satan auf mancherley Weise nachgestellt hat, daß er mich leiblich umbrächte, durch Tyrannen, Könige, Fürsten rc., und geistlich durch seine feurige Pfeile und schreckliche teuflische Anfechtungen. Aber du hast mich bisher wider all ihr Wüten und Toben wunderlicher Weise erhalten, erhalte mich ferner, du treuer Herr, ists dein Wille!

Mein allerliebster Gott, du bist ja ein Gott, der Sünder und Elenden, die ihre Angst, Noth und Jammer fühlen, und deiner Gnad, Trost und Hülfe herzlich begehren, wie du sprichst: Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seyd, ich will euch erquicken. Herr, ich komme auf deine Zusage: ich bin in großer Angst und Noth, hilf mir um deiner Gnade und Treue willen. Amen.