Urbanus Rhegius – Beichtgebet

Ach min gott / mein sündige seel begeret dir zü bekennen ir kranckheit / aber ich waiß nit wie ich dich soll nennen / sprich ich mein her / warlich du bist ain her aller herren deineim gebott dienen himel unnd erden und was darinn ist / Wie darff ich aber dich ein herren nennen / die weil ich ungehorsamer armer sünder so offt ab deinem dienst geloffen bin / und hab deinem feind dem bösen geist gedienet. Soll ich dich dan ein vatter nennen / wie du dan von uns genent werden wilt / so erschrickt mein arme gewißne / dan ich weiß wie ich von iugent auff / biß auff die zeit / nie nichts gehandelt hab / das einem sun wol ansteet / oder allein einem knecht / und noch vil minder einem taglöner / ich hab min erbtail gnedigklichen von dir empfangen / das ist / mein vernunfft / ein willen / meine fünff sin / mein lib und seel / und hab sy in einem ferren irrigen land der laster übel verzert. Soll ich dich nennen ein hirten oder ein erlöser / so verurteile ich mich selbs / dann wiewol du bist der getrew hirt / der sein edels leben hat dar gestreckt für seine schäfflin / so bin doch ich das irrig reüdich schaff / das des hirten stimm nie hat wollen hören. Sol ich dich dan mein got nennen / warlich du bist mein gott / und ist kein anderer got dann du allein / aber ich muß mich ser übel schämen / dan ich hab die eer / so dier allein zugehört / den creaturen geben / auff welche ich meer auffsehen hab gehabt dan auff dich. Warlich du bist mein oberster herr / mein gütiger vatter / mein getrewer hirt und erlöser / mein einiger got / aber ich hab mich mit meinen grossen vilfältigen sünden unwirdig gemacht / außzusprechen dein gerechtigkeit / ich bin nit wirdig das ich deinen heiligen namen durch meinen befleckten mundt nennen sol. Noch ist ein ding das mich ellenden verlassen sünder tröstet / nemlich deine erbermd / welche wir übertreffe alle deine werck / dann ir ist kein zal und kein end / alles was an mir ist sollt billich allein dinen dienst verpflicht sin / min lyb solt din tempel sin / o wie hab ich den selbigen dinen tempel / so mit vil schantlichen lastern entwicht / ich solt den selben rein behalten und geköstiget / und in undertenig gemacht haben der seel / zu erfüllung diner gebot / Ach got so hab ich leider den leib / und alle mine sinn gebraucht zu gefallen dem bösen feind und der welt. Ich hab min gotförmige seel mit übung aller üppigkeit in allen iren krefften verwüst / unnd din heilige pildniß verplichen / Ich solt min vernunnfft allein gebraucht haben zu erfarung dines heyligen willens / in der götlichen geschrifft / so hab ich sy zerrit unnd irrig gemacht / mit besen gedancken unnd ratschlegenn allerley sünd zuvolbringen. Min will solt allein dich als das höchst gut begeren / und alle andere ding von deinetwegen lassenn / so hab ich den mit unordenlicher liebe zu der welt unnd mit unlauteren und flaischlichen begirden ganz verderbt unnd wüst gemacht / min gedechtniß sollt allein danckbarlichen betrachten die gutheit diner genädigen bekerung / das du mich blinden sünder so offt erlicht hast ung mir gnad geben min sünd zuerkennen / beweinen beklagen / und min leben zu besseren / so hab ich min gedechtniß allein mißbraucht / zu betrachten fleischliche werck / und in vergangner sünd unnd künfftiger zu gedencken / ein kurzwil und freid gesucht / und also ist nichts ganz und gesunds an mir / weder an leib noch an seel / das nit vermackelt und mit bösem willen unnd schantlichen wercken übel von mir mit mutwillen verwüst und zerrissen sey. Aber du ewiger gott bist barmherzig / du hast dem verlornen sun lang zu gesehen / und gedultigklich seiner widerkerung gewartet / du hast mich under dem schwerem überschwencklichen last meiner sünd / nit lassen erdruckt und ersteckt werden in /entlicher / unbußwertigkait sonder du hast mich gnedigklichen berüfft / das ich widerkere / und ein anders leben anhebe / du hast gütigklich den alten bösen menschen in mir anheben zu erneuern / mit der heilsamen arzney warer penitenz wie wol ich leider dine gebot alle / mutwilligklich / frevellich / und bößlich hab übertrette / als ein trugloser flüchtiger knecht / mitt bösen gedancken mines herzen / mit verwilligung mines willens / mit dem mund / und mit den wercken. Ich hab gethon was mir verbotten ist / ich hab gelassen unnd versaumpt was mir gebotten ist / mit minem bösem leben menigklich geergert / in widerwertigkeit und leiden das du über mich verhengt hast / mir zu nutz / bin ich ungedultig geweßt / in gluckseligkeit undanckbar dyn ermanung unnd götlichs insprechen hab ich veracht / unnd im nit stat geben / Kurzlich / alles min thun und lassen ist ein lautere sünd. Wenn ich bitt Geheiliget werd din nam in mir. Ach got / wie wirt er in mir geheyliget / so ich min lib unnd seel din tempel / mit so vil unreinigkeit verunere? Ach got wie gar weit ist din reich von mir / dieweil in mir der alt Adam / also böse neiung / zu zorn / nid unnd haß / unkeüschait / geitigkeit / weltliche eer / hoffart / und der geleichen böse tuck noch so starck regire. Warumb bit ich. Dein wil gesche: Nun bin ich doch in eigner liebe so gar verblendt / das mir min eigner will überall wol gefalt / unnd ich brich in nimmer / unnd widerstreb allen denen die mir jn brechenn wöllen. Ich beger das teglich brot deines wortes / und hab doch ein unwillen darab / Ich weiß auch nitt wie recht ich beger ablaß meiner schuld / die weil liebe gegen mineem nechsten ganzß kalt in mir ist / Warlich bin der schuldner im Euangelio mit zehen pfunden und laß doch minem bruder nit ein heller nach. Ich beger von dier / das du mich nit in versuchnüß infierest und bin doch mir selbs ein ursach vil böser anfechtung / dan ich such mutwilligklich ursach zu den sünden. Zum letzten beger ich erlösung vor allem bösem und greiff doch nach allem übel / darumb fercht ich mir / so ich hör von dem stein dar uff dein sämlin ist gefallen / unnd ist auß mangel der feichtigkeit erdorret / dann dardurch erken ich min eigen herz / in das offt falt das edel sämlin des heiligen gots worts / aber es mag nit auffkommen / also hert ist min herz auß gewonheit der sünd / Aber miner sünd ist mer dan das ich sy mög erzelen. Alles min leben ist vol sünde. Allein ein ding erhalt mich trübtseligenmenschen / versenckt in die tieffe pfütz aller laster / das ich nit in der erschrockenlichen verzweyflung unndergang. Nemlich das ich wol weiß / wie die vile unnd grosse deiner grunlosen barmherzigkeit / ubertrifft weit / grösse und schwere miner boßheit. Du wilt nit den tod des sünders / sonder das er bekert werd und leb. Darumb km ich armer betrübter sünder / aller hilff entsetzt zu dier mine minem einigen trost / als ein tötlich krancker zu dem rechten arzet / ein durstiger zu dem brunnen des waren lebens / ein truriger zu dem weg der warheit ein gefangner zu dem gewaltigen erlöser / ein schuldiger zu dem aller barmherzigsten richter / und setz allein min vertrauwen auff kein geschöpfft / sonder auff dich almechtigen got min schöpfer / erlöser und seligmacher. Verlieh mir durch das unenndtlich groß verdienen deins schmerzlichen tods / das ich also in dich verhoffe / das min hoffnung nit vergebes sey / das geschicht wann du dich auch erbarmst über mich armen unwirdigen sünder Amen.