Augustinus – Liebe zu Jesus

JEsus Christus, du mein Verlangen und meine Liebe, neige dich zu mir, dich rufe ich an. Ich rufe dich in meine Seele, daß du in sie eintretest und sie besitzest ungetheilt und ohne Flecken. Denn dem reinsten Herrn gebühret eine reine Wohnung. Darum heilige mich und säubere mich mit deiner Gnadenkraft, damit ich ein würdiger Tempel für dich sei.

Ich liebe dich; o gieb mir, daß du all mein Denken seist und all meine Betrachtung. Dein Licht durchleuchte mich, daß ich unter deiner Leitung von Tugend zu Tugend fortwandle und endlich dich schaue und erkenne, gleich wie du mich erkennest. Selig sind die reines Herzens sind, weil sie Gott schauen werden. Darum bitte ich dich, o Herr, bei der Erbarmung, wodurch wir vom ewigen Tode erlöset sind, erweiche mein Herz durch deine Gnadenwirkung und laß mich durch das Feuer der Reue ein lebendiges Opfer vor dir werden. Gieb mir Demuth und Zerknirschung; gieb mir Freiheit von den Fesseln der Welt, und Vergessenheit der vergänglichen Dinge; laß mich nichts Zeitliches fürchten und flöße mir Liebe zu dir ein, die stark ist wie der Tod und dich ewig umfange.

Erwecke in mir einen strömenden Quell, der ins ewige Leben entfließet. Laß mich eingehen in deine Freude, daß ich nichts weiter fürchte. Leite mich, daß mir nichts mangele, und führe mich durch alle Finsternisse zu deinem ungetrübten Lichte!

Trost und Liebe

Jesu Christe, du Wort des Vaters, der du in diese Welt gekommen bist die Sünder selig zu machen, ich bitte dich, du wollest um deiner gnadenreichen Barmherzigkeit willen mein Leben reinigen, meinen Wandel bessern, meine Sitten sänftigen, wollest von mir thun, was mir schadet und dir mißfällt, wollest mir geben, woran du Wohlgefallen hat und was mir frommt. Wer anders kann rein machen, was unreinem Samen entsprossen ist, denn du allein? Du, der allmächtige Gott, bist gut und fromm, du machst die Gottlosen gerecht und gibt Leben denen, die in Sünden todt sind, du wandelst um, die da sündig sind, daß sie es nicht mehr sind. Darum thue ab von mir, was dir mißfällt an mir; denn deine Augen sehen an mir viel Unvollkommenheit. Ach greife mit frommer Hand mitten in mich hinein, und nimm aus mir heraus. Alles, was in mir dein frommes Auge beleidigt. Du weißt, o Herr, was an mir gesund und was krank ist. Das Eine wollest du bewahren, das Andere aber gesunden lassen. „Heile du mich, Herr, je werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.“ Du bist es, der da heilet, was krank ist, und behütet, was gesund ist; du bist es, der mit Einem Winke wieder bauet, was in Schutt und Trümmern liegt. Willst du also auf deinen Acker, auf mein Herz guten Samen säen, so mußt du zuvor mit deiner frommen Hand das stachlichte Unkraut meiner Sünden ausreißen.

Du allersüßester, gnädigster, liebreichster Heiland, der du mir theurer und begehrenswerther bist, lieblicher und schöner däucht, denn Alles, ich bitte dich, ergieße in meine Brust die Fülle deiner süßen Liebe, auf daß ich nach nichts Irdischem und Fleischlichem mehr dichten und trachten, sondern allein dich lieben, allein dich in meinem Herzen und Munde haben möge. Schreibe mit deinem Finger tief in meine Brust hinein das süße Gedächtniß deines Namens, der von Milch und Honig fließt, auf daß ich einer nimmer vergessen könne. Schreibe auf die Tafel meines Herzens deinen Willen und deine Gerechtigkeit, die mich gerecht macht, auf daß ich dich, o Herr, deß Lieblichkeit alles Denken übersteigt, auf daß ich deine Worte und Befehle immer und allethalben vor Augen habe. Entzünde meine Seele mit dem Feuer, das du auf Erden anzuzünden gekommen bist, und was wolltest du lieber, denn es brennete schon, auf daß ich dir täglich das mit Thränen gesalzene Opfer eines zerschlagenen Geistes und zerbrochenen Herzens darzu bringen vermöge. Du lieber gütiger Herr Jesu, gib mir, was ich begehre, wornach ich von ganzer Seele verlange, gib mir deine heilige und keusche Liebe. Sie ist es, die mich ausfüllen, beherrschen und ganz in Besitz nehmen soll. Gib mir auch das deutliche Zeichen deiner Liebe, den reichen Strom unablässig fließender Thränen. Sie gerade bezeugen mir, daß ich dich lieb habe; das gerade verräth und verkündet, wie sehr meine Seele dich liebt, wenn sie im überschwänglich süßen Gefühl deiner Liebe sich der Thränen nicht enthalten kann. Ich gedenke, o frommer Gott, jener frommen Frau, der Hanna, die zu deinem Hause kam sich einen Sohn zu erbitten. Die Schrift sagt von ihr, daß vor lauter Thränen und Beten ihr Antlitz einen vorigen Ausdruck gar nicht habe wieder gewinnen können. Wenn ich an solche Gebetskraft und Gebetsbeharrlichkeit denke, so schmerzt es mich sehr und betrübt es mich tief, daß ich Armer, wie ich klar erkenne, nur allzu weit hinter ihr zurückbleibe. Denn wenn also weinte, unablässig weinte eine Frau, die nach einem Sohne Verlangen trug, wie sehr erst müßte Betrübniß, anhaltende Betrübniß empfinden meine Seele, die zu Gott Verlangen und Liebe trägt, die zu Gott zu kommen sich sehnt? Wie müßte seufzen und weinen eine Seele, die Tag und Nacht ihren Gott sucht, die nichts Anderes lieben will, als Christum allein? Es wäre ein Wunder, wenn nicht schon längst ihre Thränen ihre Speise geworden wären Tag und Nacht. Darum wende dich zu mir und erbarme dich meiner, weil der Schmerz meines Herzens so groß ist. Gib mir deinen himmlischen Trost, und verwirf nicht die sündige Seele, für die du gestorben bist. Ach gib mir die Thränen, die aus tiefbewegter Seele kommen, auf daß du die Bande meiner Sünde zerschneiden, und mich auf ewig mit himmlischer Wonne erfüllen könnest. Ach, daß ich würdig würde doch wenigstens mit den frommen Frauen in deinem Reiche mein bescheiden Erbtheil dahinzunehmen, wenn mir nicht vergönnt ist, mit den großen und vollkommenen Männern zu erben, weil ich ihren Fußtapfen nicht nachzufolgen vermag.

Noch tritt mir vor die Seele die staunenswerthe Frömmigkeit jener andern Frau, die, obschon du im Grabe lagst, dennoch in herzlicher Liebe dich suchte. Die Jünger flohen, sie aber wich nicht vom Grabe. Betrübt und traurig blieb sie dort sitzen und weinte lange und viel. Und wenn sie dann nach reichlich vergossenen Thränen aufstand, durchforschte sie immer wieder aufs neue aufmerksamen Auges die Tiefe deines leeren Grabes, ob sie nicht doch irgendwo dich wahrzunehmen vermöchte, den sie mit glühendem Verlangen suchte. Ja als sie schon aber und abermal in das Grab eingetreten war und sich umgeschaut hatte, geschah ihrer überaus großen Liebe damit doch noch kein Genüge. Die Hauptsache bei jeglichem guten Werke bleibt die Beharrlichkeit. Und weil sie mehr Liebe hatte, als die Andern, und weil sie vor Liebe weinte, und weil sie unter Thränen suchte, und weil sie im Suchen ausharrte, ist sie auch von Allen zuerst gewürdigt worden dich zu finden, dich zu sehen, dich anzureden. Und nicht allein das, sie erhielt auch das Amt, die erste Botschaft von deiner glorreichen Auferstehung den Jüngern zu bringen, da du ihr den Auftrag und die freundliche Mahnung gabst: „Gehe hin, und verkündige es meinen Brüdern, daß sie gehen in Galiläa, daselbst werden sie mich sehen.“ Wenn nun also weinte, anhaltend weinte eine Frau, die den Lebendigen bei den Todten suchte, die dich mit der Hand des Glaubens erst berührte, wie sehr muß betrübt, unablässig betrübt sein eine Seele, die im Herzen glaubt und mit dem Munde bekennt, daß du ihr Erlöser schon längst im Himmel thronest und Alles regierest? Wie sehr muß seufzen und weinen eine Seele, die von ganzem Herzen dich liebt und von ganzem Gemüthe sehnlich darnach verlangt dich zu sehen?

O Herr, du einige Zuflucht und Zuversicht der Elenden, dem kein Beter ohne gewisse Hoffnung auf Erbarmen naht, verleihe mir um deine und deines heiligen Namens willen die Gnade, daß ich, so oft ich über dich denke und rede, schreibe, lese und predige, so oft ich deiner gedenke, dir nahe trete, dir Preis und Bitte und Opfer bringe, so oft auch reiche und süße Thränen weinend vor deinem Antlitz stehe; ja, laß mir meine Thränen zur Speise werden Tag und Nacht. Hast du doch, du König der Herrlichkeit und Lehrmeister aller Tugenden, durch dein Wort und Beispiel uns seufzen und weinen gelehrt, denn du spricht: „Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.“ Du hast am Grabe deines Freundes geweint; du hast wie sehr geweint über die dem Untergange geweihte Stadt. Lieber Herr Jesu, so bitte ich dich denn um dieser deiner aller kostbarsten Thränen und um aller der Erbarmungen willen, mit denen du uns armen verlorenen Menschen so wundersam zu Hülfe kommen wolltest, gib mir die Gnadengabe der Thränen, nach der meine Seele so stark verlangt und begehrt. Kann ich sie doch nicht haben, ohne daß du sie mir gibst durch Wirken deines heiligen Geistes, der die harten Herzen der Sünder weich und weinen macht. Gib mir die Gnadengabe der Thränen, wie du sie unsern Vätern gegeben hat, deren Fußtapfen ich nachfolgen soll, auf daß ich um mich Leid tragen möge mein Lebelang, wie jene über sich Leid trugen Tag und Nacht. Gib mir von den Wassern über der Veste und von den Wassern unter der Veste, daß meine Thränen meine Speise seien Tag und Nacht. Und also laß mich dir, mein Gott, im Feuer der Buße ein Opfer werden von Fett und Mark; ich müsse mich dir auf dem Altare meines Herzens zu einem ganzen Opfer bringen, als ein fettes Brandopfer brennen dir zu einem süßen Geruch. Gib mir, du freundlicher Herr, das reiche, klare Brünnlein, in dem jenes unreine Opfer ohn Unterlaß gereinigt werden muß. Aber wenn ich auch kraft deiner Gnade mich dir ganz darzubringen vermag, so thue ich dennoch in meiner übergroßen Schwachheit täglich Sünde. Darum gib mir die Gnadengabe der Thränen, du gebenedeieter hochgeliebter Herr. Bereite deinem Knechte vor dir einen Tisch voll deiner großen süßen Liebe, voll des Gedächtnisses deiner Barmherzigkeit, und laß mich an ihm Sättigung finden so oft ich will. Verleihe mir nach deiner Treue und Güte, daß meinen Durst jener Kelch stille, der voll deiner Freude und Herrlichkeit ist, auf daß meine Seele nach dir verlange, und mein Geist in deiner Liebe brenne und nicht mehr gedenke an Eitelkeit und Elend. Ach du mein Gott, höre mich, du Licht meiner Augen, höre; höre, was ich bitte, und laß meine Bitte Erhörung finden. Du gnädiger Herr, der du so gern erhört, du wollest mir meine Bitte um meiner Sünden willen nicht versagen, sondern um deiner Güte willen in Gnaden gewähren, denn ich bin dein Knecht. O gib mir was ich bitte und weiß ich begehre, denn du bist mein Gott. Amen,

Anselm von Canterbury – Liebe zu Gott

Herr, mein Gott, gieb, daß mein Herz sich nach Dir sehne, mit Sehnsucht Dich suche, beim Suchen Dich finde, und Dich liebe, wenn es gefunden; verleihe meinem Herzen Buße, zerknirsche meinen Geist, laß Thränen aus meinen Augen quellen und mache meine Hände bereit, wohlzuthun. Mein König, vertilge in mir des Fleisches Lüste, und entzünde das Feuer Deiner Liebe. Mein Erlöser, nimm von mir den stolzen Sinn, und verleihe gnädiglich den Schatz Deiner Demuth. Mein Heiland, laß von mir weichen den ungestümen Zorn, und reiche mir erbarmungsvoll den Schild Deiner Geduld. Mein Schöpfer, rotte aus in mir alle Bitterkeit des Herzens, und schenke mir einen liebreichen, sanften Sinn. Gieb mir, gnädigster Vater, festen Glauben, rechte Hoffnung, dauernde Liebe.

Anselm von Canterbury – Sehnsucht

O Herr, nach Dir dürste ich, nach Dir verlangt mich; und gleichwie ein verwaistes Kindlein, dem der theuere Vater genommen ist, das liebe Bild desselben weinend und seufzend beständig im Herzen behält, so beweine auch ich, nicht zwar so sehr ich sollte, doch so viel ich vermag, die Kümmernisse meines Pilgerlebens, hoffe allein auf den Trost Deiner Zukunft und sehne mich innig, Dein glorreiches Antlitz zu schauen. Ach, daß ich ihn nicht habe sehen können, den Herrn der Engel, da er sich Hände und Füße um meinetwillen durchbohren ließ, daß ich seine wunderbare und unaussprechliche Liebe nicht habe bewundernd erblicken können! O Maria, welcher Thränenstrom mag aus deinen züchtigen Augen geflossen sein, als du gewahren mußtest, wie dein Sohn unschuldig gebunden und gegeißelt ward! Wie mag dein frommes Antlitz geweint haben, als eben dieser dein Sohn, dein Gott und Herr, ohne Schuld ans Kreuz geheftet und das Fleisch von deinem Fleisch grausam zerrissen ward! Welche Seufzer mögen deinem Herzen entquollen sein, als du hören mußtest: Weib, siehe, das ist dein Sohn! und der Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Wäre ich doch so glücklich gewesen, und hätte mit Joseph meinen Herrn vom Kreuze abgenommen, ihn mit Specereien gesalbt und ins Grab gelegt, um dem hohen Leichnam noch einen Dienst zu erzeigen. Wäre ich doch nachmals unter den heiligen Frauen gestanden, wäre mit ihnen erschrocken bei der lichtvollen Erscheinung der Engel und hätte ich mit gehört die Botschaft des Trostes, die so gehoffte, so ersehnte Botschaft! Hätte ich doch aus dem Munde des Engels vernommen das Wort: Fürchtet euch nicht, ihr suchet Jesum von Nazareth, den Gekreuzigten, er ist auferstanden und nicht hier! O wunderbarer Herr, wann wirst du mich trösten und meinen Schmerz lindern? Denn mein Schmerz verläßt mich nicht, so lange ich in der Fremde walle, fern von Dir, meinem Herrn.

Anselm von Canterbury – Liebe zu Jesus

Jesu, mein Erlöser, wer kann Dich würdig preisen, Du unaussprechliche Macht und Weisheit des Vaters? O wie gern möchte ich ganz in Deinem Lobe aufgehen! Aber, weil ich Solches nicht kann, soll ich darum schweigen? Wehe denen, die von Dir schweigen, der Du den Mund der Stummen öffnest und Kinderzungen beredt machst! Wehe denen, die von Dir schweigen; denn bei all ihrem Geschwätz sind sie stumm, wenn sie Dein Lob nicht verkündigen! Unendlich bist Du, o Herr, und unendliche Liebe sind wir Dir schuldig, die Du durch Dein theures Blut erkauft hast. Denn wenn ein Mensch den andern also liebt, daß er kaum ohne ihn sein kann, wenn die Braut dem Bräutigam so innig zugethan ist, daß sie „immer Ruhe hat, wenn ihr Freund nicht bei ihr ist; mit welcher Liebe, mit welcher Inbrunst muß Dich die Dir im Glauben vertraute Seele lieben, ihren wahren Gott und Bräutigam, der Du so Vieles und so Großes für uns gethan hast! Und überdieß ist Deine Liebe so süß und so ruhevoll. Auch die Welt hat zwar ihre Lust und Ergötzlichkeiten, aber die Seelen, welche sich ihr hingeben, können nicht still sein; von Argwohn, Unruhe und mannigfachen Befürchtungen werden sie besessen. Bei dir hingegen ist ein ungestörtes Leben. Wer zu Dir kommt, lieber Herr, der geht ein zur Freude seines Herrn, der kann sprechen: Der Herr ist mein Hirt, mir wird Nichts mangeln; er weidet mich auf einer grünen Aue.

Friedrich Christoph von Oetinger – Danksagung

Herr Jesu, du Wort, Leben und Licht der Menschen, wie glücklich sind wir gegenüber Plato und Sokrates und allen heidnischen Weisen, dass wir dich kennen. Aber wir schätzen diese Seligkeit nicht hoch genug. Durch der Heiden Verlangen nach deiner Gnade, Lieblichkeit und Schönheit, lass uns unsere Gemeinschaft mit dir recht wichtig werden, damit sie uns nicht einmal ins Gesicht sagen, über dem Tische Abrahams: Wenn wir zu eurer Zeit gelebt hätten, so sollten alle unsere Gebeine die Wunder der erscheinenden Gnade in Christo gepriesen haben, aber eure Liebe ist kalt und erstarrt. Sollte sich nicht der Himmel darüber entsetzen? Sollten nicht die, welche in Abrahams Schoß sind, darüber ergrimmen?

Johann Friedrich Stark – Bitte um Liebe zu Gott

O du liebreicher, gnädiger Gott! du bist allein liebenswürdig, dich, dich sollte ich billig allein von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von allen Kräften lieben. Ach! ich klage und bekenne vor dir mit größter Betrübniß meiner Seele, wie die Liebe zu dir, meinem liebreichen Vater, zu Jesu, meinem Erlöser und Seligmacher und zu dm heiligen Geist, meinem Lehrer und Führer, nicht allein durch die Erbsünde in mir erloschen, sondern daß ich auch deiner rufenden und wirkenden Gnade nicht allezeit Platz gebe, damit wiederum eine wahre Liebe zu dir in meinem Herzen angezündet würde. Ich bitte dich, ändre doch mein Herz, reiß aus demselben alle Welt- und Sünden-Liebe, und laß in meinen Ohren erklingen die Worte: habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist, denn so Jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters. Vertilge aus mir alle Liebe zur Fleisches-Lust, Augen-Lust und hoffärtiges Leben, dazu ich leider von Natur geneigt bin, und zünde durch deinen heiligen Geist in mir an eine wahre Liebe zu dir, daß ich dich, als das höchste Gut, um dein selbst willen allein lieben, und alle Eitelkeit fliehen möge. Denn, will ich ein rechtes Kind Gottes seyn, so muß die Sündenwelt und eigene Liebe zum Herzen hinaus, und du mußt über Alles allein geliebet werden. Darum komme ich, mein Gott! zu dir, und bitte dich, ach! gieb mir deinen heiligen Geist, der diese christliche Tugend in mein Herz pflanzen möge, in dessen Kraft will ich dich meinen Gott von Herzen und beständig lieben, meine Seele soll an dich denken, mein Mund soll von dir reden, du sollst mir lieber seyn, als alle Welt und Weltfreude, als alles Glück und Herrlichkeit. Aus Liebe zu dir will ich aufhören, wissentlich zu sündigen, aus Liebe zu dir will ich mich aller sündlichen Gesellschaft entschlagen, aus Liebe zu dir will ich anfangen, recht fromm zu werden, und allein nach deinem Willen und Leben einrichten, dich will ich ehren und fürchten, dir dienen, folgen und gehorchen. Ach, du liebreicher Gott! entzünde diese Liebe in meinem Herzen, je mehr und mehr, daß sie bis an mein seliges Ende dauern möge. Gieb mir Muth, wenn ich um deiner Liebe willen etwas leiden soll, und stärke mich alsdann durch deinen mächtigen Beistand. Ach! laß mich in Liebe mit dir vereinigt seyn in Zeit und Ewigkeit. Ich liebe dich, o lieber Gott! ja dich um deinetwillen; nichts in der Welt, nicht Lust, nicht Spott soll meine Liebe stillen; und sollt kein Höll und Himmel seyn, was mich zur Liebe triebe, so wärst du mir genug allein, warum ich dich nur liebe, Amen.