Rigisches Gebetbuch – Am Samstag

O gütiger barmherziger Gott, ich danke dir, daß du mich den letzten Tag dieser Woche erreichen lassen und in meinen Sünden mich nicht hast weggerafft. Denn ich muß mich schuldig geben, daß ich viel Gutes unterlassen, viel Böses begangen, dir und dem Nächsten nicht wie ich sollte gedienet habe. Ich sehe das Uebel und den Gräuel der Sünde neben der Strafe, kann mich aber selbst nicht davon erretten. Darüber bin ich betrübt und traurig, verzage ganz an mir und meinem Vermögen, und kann nichts, als daß ich mich dir ganz und gar ergebe und bitte, du wollst mich nach deiner Zusage aufnehmen, und erquicken mit deinem Geist und Trost.

 

Ich weiß es, Herr Jesu, du willst die Mühseligen aufnehmen, die Elenden erretten, und die Hülf- und Trostlosen mit deiner Gnade umfahen. Darum stärke meinen Glauben, auf daß ich solche Zusage ergreife, auf deinen Gnadenbund mit mir mich verlasse, dessen ewige Güter, die ewige Gerechtigkeit, Herrlichkeit, die ewige Erlösung und Seligkeit in mir empfinde, ihrer als meines Eigenthums gebrauche, aber auch derselben samt aller deiner Gaben nicht mißbrauche.

 

O Herr Gott, heiliger Geist, erwecke in mir ein herzliches Verlangen nach dem Sonntage, damit ich dein Wort und deine geistlichen Wohlthaten, womit du uns an dem selben wieder reichlich segnen wirst, als die wahre Ruhe und Freude unserer Seelen betrachte, und in Gebet und Andacht mich recht übe. Zeige mir die Wonne deines Hauses, meinen liebsten Herrn Jesum; laß mich seine liebliche Stimme hören, und bereite du mein Herz durch Demuth, Glauben und Liebe, ihn zu empfahen, zu umfangen und alle meine Lust und Verlangen an ihm zu haben, und also den bevorstehenden Feiertag in lauter göttlicher Freude, dir zu Ehren und mir zum Wachsthum in der Gottseligkeit nach deinen Willen anzufangen und zu vollenden.

Friedrich Arndt – Abendgebet am Samstag

Gott Vater, mein Anfang und Ende in allen meinen Dingen, wie ich diese Woche mit Deiner Gnade angefangen, also habe ich sie auch durch dieselbe zu Ende gebracht. Ach, welche Dankbarkeit, welche Liebe bin ich Dir, meinem Gott, schuldig für so viele unaussprechliche Wohlthaten, die ich zwischen diesem Anfang und Ende genossen habe! Du hast mir so viel Liebes erwiesen, da ich Dich doch beleidigt habe; Du bist so lange nahe bei mir gewesen, da ich doch meine Augen so oft von Dir abgewendet; Du hast Gutes, ich Böses gehäuft. Ach, ich kann die Größe Deiner Liebe nicht genugsam begreifen, aber auch leider die Menge meiner Uebertretungen nicht übersehen! Jedoch, o barmherziger Vater, nehme ich meine Zuflucht zu Deinen allertheuersten Verheißungen. Wo meine Sünde mächtig ist, da ist Deine Gnade noch viel mächtiger. Ach, Herr, der Du das Werk Deiner Hände nicht verschmähest, was erwartest Du anders von mir armen Sünder, als ein zerknirschtes Herz, welches sich gänzlich zu Dir bekehret, und von Deiner Gerechtigkeit zu Deiner Barmherzigkeit seine Zuflucht nimmt? Laß doch heute Deine Gnade sein wie ein Abendregen! So fern der Morgen ist vom Abend, so fern laß auch meine Sünde an diesem Sonnabend von mir sein. Gieb, daß ich das Ende dieser Woche also mache, daß ich nicht ein Ende nehme mit Schrecken, wie die Gottlosen, deren Ende ist die Verdammniß; sondern laß mich aus Gnaden davon bringen das Ende des Glaubens, welches ist der Seelen Seligkeit.

Gott Sohn, meine Gerechtigkeit, Du bist des Gesetzes Ende: wer an Dich glaubt, der ist gerecht. Ich schließe mich beim Schluß der Woche in deine Wunden. Stelle mich Deinem himmlischen Vater vor in Deinem Blute; bekleide mich mit Deiner Gerechtigkeit; tilge meine Sünde durch Deine ewige Liebe. Ich befehle Dir Leib und Seele; Du hast beide erlöset, Du getreuer Gott! Zeichne mich in Deine durchgrabenen Hände! Laß heute Dein Haupt über mir voll Thaues, und Deine Locken voller Nachttropfen sein; gieb auch, daß ich allezeit unter den klugen Jungfrauen erfunden werde, und, wenn Du um Mitternacht kommst, mit dem Oel des Glaubens Dir entgegen gehen möge! Weil ich auch unter denen bin, auf welche das Ende der Welt kommen ist, so laß mich am Ende dieser Woche auf eine selige Bereitschaft bedacht sein, Deine Zukunft mit Freuden zu erwarten. Wie Du die Deinen bis an’s Ende geliebet, so bleibe auch bei uns bis an’s Ende der Welt, nach Deiner allgetreuesten Verheißung. Gieb uns Beständigkeit des Glaubens in der Liebe, und erfülle endlich Dein Wort an uns: „Wer beharret bis an’s Ende, der soll selig werden,“ – so wollen wir Dich ohne Ende rühmen dort, wo Deines Königreiches wird kein Ende sein.

Gott heiliger Geist, mein Lehrer, lehre mich heute inbrünstig beten: „Herr, lehre mich bedenken, daß es ein Ende mit mir haben muß, daß mein Leben ein Ziel hat, und ich davon muß. Bereite mich alle Abende zum Tode, und laß mich niemals in Sicherheit zu Bette gehen. Gieb, daß ich allezeit warte auf die Offenbarung Jesu Christi, welcher auch mich wird fest behalten bis an’s Ende, daß ich unsträflich sei auf den Tag seiner Zukunft. Soll ich morgen leben, so erwecke mich zu einem geistlichen Leben. Morgen ist des Herrn Fest; bereite mich dazu in heiliger Furcht. Indessen versiegle meine Ruhe heute mit der Gnade und Liebe meines Jesu. Breite Deine Flügel über alle meine Angehörigen. Sei der Traurigen Licht in der Finsterniß; erleichtere die Last aller Müden; schaffe, daß bei den Kreuzträgern die Versuchung so ein Ende gewinne, daß sie es ertragen können. Laß heute alle Menschen an ihr Ende gedenken, so werden sie nimmermehr Uebles thun.

Heilige Dreieinigkeit, Deine Jahre nehmen kein Ende; aber bei uns ist nahe kommen das Ende aller Dinge. Ach, laß es nicht gar aus sein mit uns, sondern Deine Barmherzigkeit noch kein Ende haben! Und wann sich das Ende unseres Lebens herzunahen sollte, so laß uns kommen zum Anfange der großen, himmlischen Woche, die Du Deinem Erbe verheißen hast. Laß uns sterben des Todes der Gerechten, und unser Ende sein wie das Ende der Frommen; so heißet es: ende gut, Alles gut! Amen.

So ist die Woche nun beschlossen,
Und auch zugleich der Tag verflossen.
Wer weiß, wie nah mein Ende sei?
Nimm, Jesu, mich in Deine Hände,
So komme, wann Du willst, mein Ende,
Ich warte dessen ohne Scheu.
Denn was mein Ende hier auf Erden,
Das muß mir dort der Anfang werden.

Georg Friedrich Blaul – Morgengebet am Samstag

Erwachet, Harf‘ und Psalter,
Gott hat den Tag gemacht!
Dankt, danket dem Erhalter,
Dem Hüter in der Nacht;
Erwachet, ihn zu loben,
Gott hat den Tag gemacht!
Der Hüter sei erhoben,
Der Hüter in der Nacht.
Ja, du lieber Gott, du treuer Menschenhüter, dir sei Preis und Dank gebracht für deine grundlose Liebe und Treue, die du bis heute an mir bewiesen hast. Du hast mich noch an keinem Tage verlassen, bist noch in keiner Nacht von mir gewichen, und segnest mich allezeit mit irdischen und himmlischen Gütern. Dir danke ich meine Erschaffung, meine Erhaltung, meine Erlösung durch Jesum Christum; dir werde ich einst noch besser meine Berufung zum ewigen Leben danken, wenn du mich zu meinen Vätern versammeln wirst. Gib aber auch, dass ich immer das Ende bedenke, deine Gaben recht gebrauche, und so deiner Verheißungen immer würdiger werde.

Ach Herr! ich arbeite wohl die ganze Woche, aber wie wenig ich dir ähnlicher geworden bin, wenn der letzte Tag derselben herankommt, das erkenne ich jetzt wieder recht lebhaft. Und doch soll ich vollkommen werden, wie du, himmlischer Vater, vollkommen bist! – Verhilf du mir dazu! Behüte mich vor allem Argen in Gedanken, Wort und That; wecke dagegen alle Kraft zum Guten im meiner Seele auf, und stärke und vermehre sie noch durch deine Kraft, dann muss es mir gelingen. Heute lass mich neu beginnen, nach jenem Ziele zu laufen, und lass mich nicht mehr ermatten, noch aufhören, immer näher zu dir zu dringen. Vor Allem gib mir die Liebe in das Herz, die mich dir am ähnlichsten macht. Gib, dass meine Arbeit Wohlthaten verbreite unter den Meiningen und unter recht vielen Menschen. Wenn Unglückliche und Leidende mir begegnen, so schließe mein Herz auf, dass ich sie mitleidsvoll tröste, so viel ich vermag, dass ich den Dürftigen meine Hand öffne, wie du sie immerdar über mir offen hältst, und mich segnest mit jeglichem Gute.

Und so hilf mir nun diese Woche noch glücklich vollenden. Sei heute und fernerhin mein Schirm und Schild gegen alles, was mir schaden könnte; sei mir freundlich, fördere das Werk meiner Hände, noch mehr aber das Werk meiner Heiligung. Amen.