Johann Arnd – Um die Liebe des göttlichen Worts.

O Herr Jesu Christe, du ewiges Wort des Vaters, der du uns dein heiliges Evangelium aus dem Schoß und Herzen deines himmlischen Vaters hervor gebracht und offenbart hast! ich klage und bekenne dir von Herzen, dass ich dein Wort oft gering geachtet, ungern gehört, unfleißig gelernt, nicht von Herzensgrund betrachtet, nicht rechtschaffen Lust und Liebe dazu gehabt, sondern vielmehr die weltliche Eitelkeit demselben vorgezogen; da doch dein Wort ein teures wertes Wort ist, der edelste Schatz, die höchste Weisheit, welche auch die Engel gelüstet einzuschauen. Ach vergib mir solche meine Unachtsamkeit und Verachtung deines seligmachenden Worts. Wende von mir ab die schwere Strafe, die du dräuest1androhst: Weil du mein Wort verworfen hast, will ich dich wieder verwerfen. Zünde aber in mir an ein heiliges Verlangen, einen hitzigen Hunger nach dem Brot des Lebens, als nach der edlen Seelenspeise, einen heiligen feurigen Durst nach dem Brunnen und Wasser des Lebens. Denn bei dir ist die lebendige Quelle, und in deinem Licht sehen wir das Licht. Lass diesen edlen himmlischen Samen auf dem guten Acker meines Herzens hundertfältige Früchte bringen, an Weisheit, an Erleuchtung, an Trost. Ach befeuchte das dürre Erdreich meines Herzens mit dem göttlichen Tau und Regen deines Heiligen Geistes, dass dein Wort in meinem Herzen verbleibe und nicht leer wieder zu dir komme; sondern mein Herz grünend und blühend mache in deiner Liebe, in deiner Furcht, in deinem Erkenntnis, in allen christlichen Tugenden, und alles ausrichte, dazu du es gesandt hast; dass es, als dein göttlicher unverweslicher Same, mich zum neugeborenen Kind Gottes mache; dass du, o Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist, durch dein Wort zu mir kommst und Wohnung bei mir machst. Ach gib, dass ich aus deinem Wort dich und mich recht erkenne, mein Elend und deine Barmherzigkeit, meine Sünde und deine Gnade, meine Armut und deinen Reichtum, meine Schwachheit und deine Stärke, meine Torheit und deine Weisheit, meine Finsternis und dein Licht. Ach erleuchte die Finsternis meines Herzens mit dem Glanz deines göttlichen Lichts. Erleuchte du meine Leuchte, Herr, mein Gott, mache meine Finsternis Licht. Ach schreibe dein Wort durch den Finger deines Heiligen Geistes in die Tafel meines Herzens, auch dein Erkenntnis, deine Liebe, deine Furcht, dass ichs nimmermehr vergesse, noch aus meinem Herzen verliere. Ach Herr Jesu, mein Präzeptor2Präzeptor bezeichnete im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit einen Lehrer, insbesondere einen Hauslehrer. Auch Klostervorsteher bestimmter Ordensgemeinschaften wurden als Präzeptoren bezeichnet., mein Doktor, mein Prophet, lass mich das beste Teil erwählen und mit Maria zu deinen Füßen sitzen, dein Wort lernen, den höchsten Schatz in den Schrein meines Herzens fassen, sammeln und einschließen, dass ichs ewiglich bewahre, und Frucht bringe in Geduld. Ach wohl den Menschen, die in deinem Haus wohnen, die loben dich immerdar: Wohl dem, den du erwählst und zu dir lässt, dass er wohne in deinen Höfen, der hat reichen Trost von deinem heiligen Tempel. Gib, dass ich deine teure Verheißung möge bedenken: Wer mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich. Meine Schafe hören meine Stimme. Forscht in der Schrift: denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin, und diese ists, die von mir zeugt. Wir haben ein festes prophetisches Wort, das da scheint als ein Licht in Finsternis. Mein Wort soll nicht leer wieder zu mir kommen. Es ist eine Kraft Gottes, selig zu machen, die daran glauben. Wohl dem, der Lust hat am Gesetz des Herrn, und davon redet Tag und Nacht! Gib mir, Herr, dass ich mich deines Worts freue als über allerlei Reichtum. Eröffne mir die Augen, dass ich sehe die Wunder an deinem Gesetz. Gib mir Lust zu deinen Zeugnissen, und lass sie meine Ratsleute sein. Zeige mir, Herr, den Weg deiner Rechte, dass ich sie bewahre bis ans Ende. Neige mein Herz zu deinen Zeugnissen, und nicht zum Geiz. Wende meine Augen ab, dass sie nicht sehen nach unnützer Lehre, sondern erquicke mich auf deinen Wegen, und nimm ja nicht von mir das Wort der Wahrheit. Das ist mein Trost in meinem Elend, denn dein Wort erquicket mich. Lass das meinen Schatz sein, dass ich deinen Befehl halte. Lass das mein Erbe sein, dass ich deinen Weg halte. Lehre mich heilsame Sitten und Erkenntnis. Lass das Gesetz deines Mundes mir lieber sein, denn viel tausend Stück Goldes und Silbers. Wenn dein Gesetz nicht wäre mein Trost gewesen, so wäre ich vergangen in meinem Elend. Ich habe alles Dinges ein Ende gesehen, aber dein Gebot währt ewiglich. Lass dein Wort meinem Mund süßer sein denn Honig und Honigseim. Lass deine Zeugnisse mein einiges Erbe sein, denn sie sind meines Herzens Trost. Erhalte mich durch dein Wort, dass ich lebe, und lass mich nicht zu Schanden werden über meiner Hoffnung. Lass sich meine Augen sehnen nach deinem Heil und nach dem Wort deiner Gerechtigkeit. Handle mit deinem Knechte nach deiner Gnade und lehre mich deine Rechte. Ich bin dein Knecht, unterweise mich, dass ich erkenne deine Zeugnis. Lass mir dein Wort offenbar werden, dass es mich erfreue und klug mache. Wende dich zu mir und sei mir gnädig, wie du pflegst zu tun denen, die deinen Namen lieben. Die Gerechtigkeit deiner Zeugnis ist ewig; unterweise mich, so lebe ich. Dein Heil ist ferne von den Gottlosen, denn sie achten deiner Rechte nicht. Großen Frieden haben die, so dein Gesetz lieben, und werden nicht straucheln. Herr, dein Gesetz ist ohne Wandel, und erquickt die Seele. O Herr, dein Zeugnis ist gewiss, und macht die Albernen weise. Herr, deine Befehle sind richtig, und erfreuen das Herz. Herr, deine Gebote sind lauter, und erleuchten die Augen. Herr, deine Furcht ist rein, und bleibt ewiglich. Die Rechte des Herrn sind wahrhaftig, allesamt gerecht; sie sind köstlicher denn Gold und viel feines Goldes; sie sind süßer denn Honig und Honigseim. Auch wird dein Knecht durch sie erfreuet, und wer sie hält, der hat großen Lohn.