Adolf Schlatter – Neujahrsgebet

Ewiger Gott, Vater Deiner Kinder, die Du zum ewigen Leben berufen hast, Dir untertan sein, das ist unser Ziel und unsere Seligkeit. Meine Gedanken sind nicht die Deinen und mein Wille ist nicht der Deine. Du weißt, was in mir Deinem heiligen Willen widerstrebt. Du aber hast die starke Gnade, die alles Widerstreben überwindet. Dich preise ich, dass Du mir ein ewiges Ziel in Deinem Sohne zeigst, damit ich nicht im Strom der Zeit versinke, sondern zu Dir hinaufschaue und das neue Jahr beginne als der, der zum völligen Gehorsam und ewigen Leben berufen ist. Amen.

Abraham Scultetus – Gebet zur 1. Hundertjahrfeier der Reformation

Allmächtiger / Barmhertziger / Getrewer Gott und Vatter / der du sambt deinem Sohn und Heiligen Geist regierest in ewigkeit: Wir arme Menschen / erkennen bey uns selbsten / und bekenne für dir / daß wir nicht werth seynd / zu dir unsere hertzen zu erheben / und unsern Mund aufzuthun: Aber im namen deines lieben Sohns Jesu Christi / unsers einigen Erlösers und Seligmachers / tretten wir für dich / und zweifffeln nicht / umb desselben leidens und sterbens willen / werde dir die rede unsers mundes gefällig sein. HERR unser Gott / groß sind deine wunder / und die gedancken die du an uns beweisest: Dir ist nichts gleich: wir wollen sie verkündigen / und davon sagen / wiewol sie nicht zu zehlen seynd. Dann du bist der HERR unser Gott / der unsere erste Eltern nach deinem ebenbild erschaffen / und dieselbige / nachdem sie durch den traurigen fall höchlich betrübet worden / durch die gnadenreiche verheissung des zukünfftigen Weibssamens höchlich erfrewet hast. Du bist der HERR unser Gott / der die verheissung vom künfftigen Heyland / den Ertzvättern und ihren nachkommen / von jahr zu jahr wiederholet / und dir allezeit under dem Jüdischen volck ein heuflein gesamlet hast / von welchem du erkandt und gepriesen würdest. Du bist der HERR unser Gott / der nach erfüllung der zeit / deinen sohn Jesum gesandt / geboren von einem weibe / unnd unter das gesetz gethan hast / auff daß er die / so unter dem gesetz waren / erlösete / daß wir die kindschafft empfingen: Der auch solch grosses heyl nicht allein den Juden / sondern durch die Apostel und ihre nachfolger / aller welt / und demnach auch unserm lieben vatterland Deutscher nation / vor viel hundert jahren hast lassen verkündigen.

Darfür dancken wir die / o trewer Gott / in der offentlichen gemeinde / unnd preisen deinen herrlichen namen. Bevorab aber dancken wir dir / daß / nach dem die reine Apostolische lehr / durch die schreckliche abgötterey und tyranney des Bapsts sehr vertunckelt / unnd das buch des Evangelions gleichsam verlohren worden / du vor hundert jahren / durch deine hierzu erwehlte werckzeuge / die uhralte Evangelische lehr wiederumb ans liecht gebracht / unnd viel land und leuthe / in flecken / stätten / Fürstentumben unnd Königreichen damit erleuchtet hast / daß nunmehr aufs new erfüllet ist / was vorlengst beym propheten Joele von den zeiten des newen Testaments ist verkündiget worden / daß söhne unnd töchter weissagen / die Eltesten träwme haben / unsere jünglinge gesichte sehen / unnd das gantze land deiner erkandtnuß voll ist / wie mit wasser des meers bedecket.

Nicht weniger dancken wir dir / daß du diese hundert jahr uber / die Kirche / welche du in unnd ausser Deutschland gnedig gesamlet / auch mächtig wider den Antichrist und seinen anhang / ja wider alle höllenpforten geschützt / geschirmet und erhalten: und daß du zu solchem ende trewe lehrer unnd prediger in deinen weinberg ausgesandt / auch Christliche Regenten und Obrigkeiten gegeben / und noch giebest / welche deiner Kirchen seugammen sind auff erden. Gelobet unnd gepreiset sey dein werther nahme / für diese unnd andere wolthaten in ewigkeit.

Wir bitten dich / Barmhertziger Gott und Vatter / siehe ja nicht an den undanck des grossen hauffens / Siehe aber an die ehre deines werthen namens / unnd umb desselben willen samle dir auch ins künfftig / hie und anderstwo / eine Kirche / und schütze sie. Sende aus trewe arbeiter in deine erndte / unnd gib deinen reichen segen zu ihrer predigt: Hingegen rotte aus alle falsche lehrer / reissende wölffe und Miedlinge / welche ihre und nicht deine here / ihren nutz / und nicht der zuhörer heil und seeligkeit suchen. Verleihe auch allen Evangelischen die gnade / daß sie unter einander eins seyen / gleich wie du und dein Sohn Jesus eins sind / auf daß du nicht durch ihre innerliche uneinigkeit und trennung verursacht werdest / das reich der gnaden von ihnen zu nemmen / unnd es andern zu geben / die seine bessere früchte bringen. Laß dir in deinen ewigen Allmächtigen schutz befohlen seyn / die Römische Kayserliche Mayestät / die Königliche Würden in Groß-Britannien / alle andere Christliche Könige / Potentaten / Chur: und Fürsten des Reichs / insonderheit unsern gnedigsten LandsFürsten Pfaltzgraff Friederichen Churfürsten / sampt Ihrer Churfürstlichen Gnaden geliebten Ehegemahl / der hinderlassenen Churfürstlichen Fraw Wittiben / der jungen Herrschafft und Fräwlein / sampt dem gantzen Hochlöblichen Chur: und Fürstlichen Hauß der Pfaltzgraffen bey Rhein / dero Räthe und Amptleuthe: Gib Ihnen allen deine gnade / daß sie ihre gantze regierung dahin richten / daß der König aller Könige Jesus Christus / uber sie und ihre underthanen herrsche / unnd daß das reich des teuffels / welches ist das reich aller schanden unnd laster / je lenger je mehr / durch sie / als deine diener / zerstöret werde / unnd wir unter ihnen ein ruhiges und stilles leben führen mögen / in aller gottseeligkeit und erbarkeit. Sihe in gnaden an den haußstand / und behüte uns allesampt für krieg und blutvergiessen / vor thewrung und pestilentz / und vor allen andern landplagen.

Wir bitten dich auch / für alle unsere mitbrüder / die under der tyranney des Pabsts und Türckens verfolgung leiden / wollest sie mit deinem heiligen Geist trösten / und gnediglich erretten. Gestatte nicht / o Herr / daß deine Christenheit gar verwüstet werde / Laß nicht zu / daß die gedächtnuß deines namens auf erden vertilget werde / und daß der Antichrist sich zu deiner schmach und lästerung rühme. Erbarme dich auch über die / so noch im finsternuß und irrthumb stecken / und führe sie in das liecht deiner wahrheit / daß sie mit uns / und wir mit ihnen / dich unsern Gott und Vatter / sampt deinem Sohn Jesu Christo unserm Heyland / unn dem Heiligen Geist / recht erkennen / hertzlich lieben / eyferig ehren / hie zeitlich und dort ewiglich. Das wollestu thun / umb deines lieben Sohns Jesu Christi willen / in dessen befehl und namen / wir dich ferner also anruffen:

Unser Vatter / etc.

Abraham Scultetus – Neujahrsgebet

Wir dancken dir / barmhertziger Gott und Vatter / für alle deine Wolthaten / mit welchen du uns biß anhero reichlich uberschüttet hast. HERR mein Gott / groß sind deine Wunder / unnd die Gedancken / die du an uns beweisest / dir ist nichts gleich / ich wil sie verkündigen / und darvon reden / ob sie gleich nicht zu zehlen sind.

Dir dancken wir es / daß du vor hundert Jahren unsere lieben Vorfahren auß der schrecklichen Abgötterey deß Bapstthumbs geführet / und zu der Erkandtnuß deß wahren Diensts deines Namens beruffen hast.

Dir dancken wir es / daß du hin und wider dir ein angenehmes Volck wunderbarlich gesamlet / weißlich regieret / und mächtig erhalten hast. Bevorab aber dancken wir dir / daß du auch uns in diesen Landten zu der Gemeinschafft deines Sohns Jesu Christi beruffen / und uns noch zur zeit die Gnade verleihest / daß wir bey dem Krippelein deß newgebornen Kindleins Jesu sitzen / und nicht allein hören können / wie die Engel singen / unnd den Menschen Glück wüntschen uber der Geburt deines Sohns / sondern auch sehen / wie die Hirten ihn anbeten / wie Simeon und Hanna ihn küssen / wie die Weisen auß Morgenland mit Golde / Weyrauch unnd Myrrhen ihn verehren. Gelobet unnd gepreyset sey dein werther Nahme / vor diese und andere Wolthaten / in Ewigkeit.

Wir bitten dich / barmhertziger GOtt und Vatter / Du wollest auch ins künfftige bey uns Wunder thun / unnd allezeit dir bey uns eine Kirche samlen / und die du samlest / gnedig erhalten / damit deren je länger je mehr werden / die dich unnd deinen Sohn Jesum Christum recht erkennen / und hie zeitlich / wie auch dort ewiglich loben und preysen.

Behüte uns auch ins künfftige vor Krieg und Blutvergiessen / vor Thewrung unnd Pestilentz / und andern Landplagen.

Wehre und stewre dem Bapst / und seinem Anhang / und mache alle ihre blutdürstige Rahtschläge zu wasser. Hingegen segne die Römische Keyserl. Maiestät / die Königliche Würde in Groß-Britannia / wie auch alle andere Christliche Könige / Potentaten / Chur: und Fürsten deß Reichs / Insonderheit und mit nahmen unsern gnedigsten Lands Fürsten Pfaltzgrav Friederichen / Churfürsten / sampt Ihrer Churfl. Gn. geliebtem Ehegemahl / der hinderlassenen Churfrüstl. Fraw Wittib / der jungen Herrschafft unnd Fräwlein / und dem gantzen Hochlöblichen Chur: und Fürstlichem Hause der Pfaltzgraven bey Rhein / dero Räthen und Amptleuten.

Versorge alle Wittwen und Waisen / erfülle unsere Leiber mit guter Gesundheit / unnd unser gantzes Leben mit Christlicher Zucht und Erbarkeit.

Hilff heut allen Verfolgten und Bedrangten / daß sie Jesus mehr erfrewe / als sie alle Welt betrüben kan.

Endlich / wann die kurtze Jahr unsers Lebens verflossen seyn / so erquicke uns vor / ehe dann wir heimfahren / und nimb uns mit Gnaden auff / auß der alten Welt in die newe Welt / da weder Sonn noch Mond scheinen wird / sondern du selbst Sonn / Mond / und alles in allem seyn wirst.

Unser Vatter / etc.

Abraham Scultetus – Gebet nach dem Gottesdienst

Allmächtiger / Barmhertziger / Getrewer Gott und Vatter / Wir sagen dir lob und danck für die grosse gnade / daß wir auch in diesem ort zusammen kommen / dein wort erklären / und daraus eine lehr nach der andern / einen trost nach dem andern / eine vermahnung nach der andern / zur ehre deines Namens / und unser auferbawung / nemen können. Insonderheit dancken wir dir / daß du uns unterweisest in deinem wort / wo die ware Kirche zu finden sey: nemblich / allein an dem orte / da man dir nach deinem worte / willen und wolgefallen / dienet. Thue auf / o HERRE Gott / die augen aller deren / welche sich biß anhero den eusserlichen schein haben blenden lassen: auf daß sie ins künftig auf die inwendige herrligkeit deiner Tochter achtung geben / dein wort lieb gewinnen / dich in warem glauben anruffen / und in hofnung der zukünftigen herrligkeit alles menschliche elende mit frölicher gedult ertragen. Laß dir in gnaden befohlen seyn die Königliche Mayestät in Gros Britannien / und dann die Königliche Mayestät in Böheim: Erfülle sie beyde mit dem Geist der weisheit und verstands / beständiger gesundheit und langem leben. Insonderheit wollestu / o Herre Gott / selbst der regierung unsers Königs glücklicher anfang / heiliges mittel / und seliges ende seyn / auf daß unter derselbigen / was biß anhero betrübt gewesen / sich widerumb erfrewe / und was gleichsam halb todt gewesen / widerumb lebendig werde. Dergleichen befehlen wir dir Ihrer Königlichen Mayestät Königliche Gemahlin / Fraw Mutter / Herrn Bruder / Junge Herrschaft und Fräwlin / sambt allen an und zuverwandten / wie auch beyde Fürstliche Herren Stadthalter in der Undern und Obern Churfürstlichen Pfaltz / sambt allen Räthen und Amptleuten. Segne die Löbliche Stände der Cron Böhemb / und deroselben inverleibten Länder / Mährern / Schlesien / und Laußnitz. Wapne die Kriegshaupter mit einem Heldenmut / daß sie für das Vatterland ritterlich kämpffen. Tröste alle die / so drangsal in diesen beschwerlichen läuften leiden. Stercke / was schwach ist: Heile / was kranck ist: Erquicke / was angefochten ist. Letztlich / wann wir aus diesem leben scheiden sollen / so erfrewe uns zuvor mit den schönen gedancken des in uns verborgenen lebens / welches bald darauf mit Christo wird offenbar werden: auf daß wir mitten in dem tode wissen / tod sey doch leben / finsternuß sey doch licht / trawrigkeit sey doch frewde / und die verlassene erde sey warhaftig der eingenommene himmel.

Georg Spalatin – Abendmahl

Ewiger barmhertziger gott ich armer sunder kum zu dir von dir zu hollen gnad/ heyl/ gesundthait und seligkayt/ dann ich weyß mich der bey kainer creatur weder jn himel noch auf erden zu erhollen. Darumb bit ich dich durch dein göttlich zusage/ du wellest mich dz werck deiner hende gnediglich an nemen amen.

O got verleich uns was du heyst/ und gib uns das du gebeutest.

O herr fure uns auß den wercken in den glawben/ auß unserm vermügen in dein vermügen/ und auß dem freien willen in dein götlich gnade.

O almechtiger got mach uns selig durch dein grundloße barmhertzigkayt und gib uns unnd allen Christglawbigen lebendigen und todten dein gnad und lieb deiner gebot und endtlich die ewig seligkayt amen.

Georg Spalatin – Bitte um Beistand in der Anfechtung

Meyn lieber gott ich bekenn es/ ich clage dirß/ das ich ein armer sundiger unfletiger unnd unrainer drecksack bin/ ich weyß aber das du mein got/ mein herr/ mein erlöster/ mein seligmacher bist/ Ich wey und glaub das dein sun Christus Jhesus mein seligmacher ist/ und das er die sind/ die welit/ den teuffel/ unnd die hell uberwunden hat/ des allein vertröst ich mich/ darauff baw ich/ do steet mein hoffnung/ da will ich mich lassen finden/ allein sey mir genedig/ wie ich deiner warhaftiger zusag nach nicht zweiffel/ dann du bist die warhayt selbst/ du felest nicht amen.

O herr gib mir ein vesten glauben gib mir ein bestendige hoffnung/ und gib mir ein rein lieb gegen dir unnd meinem nechsten amen.

Wir haben anfechtung am leib/ am gut/ an der eren/ am gewissen/ oder an der seel/ von den leutten/ von unserm aygen fleisch/ von der welt/ von den sunden/ od vom teuffel/ so sollen wir alweg zuflucht zu gott haben unnd jn umb seyn götlich gnad bitten unnd gedencken unnd glawben das solche anfechtung weil got unser erlößer ist nichts kunnen schaden. Solcher glawb machet unns selig/ dann nichts macht unns selig dann der glawb unnd das vertrauen zu got/ widerumb machet unns nichts unselig/ dann der unglawb unnd die mißtrew.

Georg Spalatin – Gebet aller Heiligen

O güttiger gott/ wir sagen dir danck für alle gnadenn/ tugentt/ unnd gaben/ die du allen deinenn heyligen und außerweltten von anfang der welt bißher verlihen hast und bitten dich du wellest uns auch gnad geben durch die fueßstapffen und vorbild jres starcken glaubens und vesten vertrauens in dich in unserm leben unnd sterben zu handlen wandern und verfaren durch Christumn unsern hern Amen.

O herr erlöß uns dann du bist unßer got amen.

O güttiger got verleihe unns ain senften gayst unsern nechsten/ rechtt und von grunde unsers hertzens zu lieben amen.

O got wir bitten dich du wellest uns gnediglich ansehen/ den gantzen willen deiner gütte in uns erfüllen zu sampt dem werck des glaubens domit der namen unsers herren Jesu christi in uns erclert werd/ und wir in jm nach der gnad unsers herren christi Jesu verclert werden amen.

Unser herr Jesus christus und unser got unnd Vatter der uns geliebt hat/ und uns ain ewigen trost und gute hoffnung geben hat/ troste unsere hertzen und bestetig sie in allen gutten wercken und reden amen.

Man soll auch wissen das die hayligen/ Sacrament/ seint alle zaychen und versicherung der götlichen gnaden und zusagung das uns got unßer sün de durch sein sun Christum unsern herren vorgeben hat/ und vergeben will/ darauf sollen wir im leben und todt unnd beyleib auf kayn werck bawen/ steurn unnd uns vertrösten.

Philipp Jakob Spener – Dank für unsere Freiheit

Gebet: Liebster Jesu, getreuster Heiland, gelobet seist du, daß du dich unter das Gesetz gegeben, damit du uns, die wir unter dem Gesetz waren, erlösest, auch uns zu solcher Freiheit berufen und wiedergeboren hast … Lehr uns, unsere Seligkeit nicht in dem Gesetz, sondern in deiner Gnade und Verdienst suchen, damit wir in Vergebung der Sünden auch alles Fluchs befreit werden! Gib uns aber sonderlich deinen heiligen Geist in solchem Maß, daß er in unsre Herzen das Gesetz mit lebendigen Buchstaben schreibe und uns demselben gleichgesinnt mache, damit alles unser Gutes von innen aus fließe und nicht erst von außen erzwungen werden müsse, bis wir dorten, soviel an einer Kreatur geschehen kann, dir, dessen Wille selbst das Gesetz gleich ist, und unser Wille mit dem deinigen vollkommen einer werde. O ewige Gnade, ewige Freiheit, ewige Seligkeit! Amen

Philipp Jakob Spener – Dank für Christi Liebe

Ach, liebster Jesu, der du uns nicht nur die Seligkeit mit deinem Leiden und Tod erworben hast, sondern sie auch mit dir selbst, in so vielen Gütern, uns schenkest, gepriesen sei deine ewige Liebe, davon wir alles Solches geniessen. Lass uns aber diese theure Seligkeit weder versäumen noch verstossen, sondern sie zuerst lebendig erkennen, damit wir deren Würde zu schätzen lernen und desto herzlicher uns darnach bestreben. Ach so sei denn wahrhaftig unsere Gerechtigkeit vor Gottes Thron, unser Sieg und Freiheit von allen Feinden, unser saftgebender Weinstock zur Bringung vieler Frucht, unser Trost und Beistand in den Leiden, unser Leben in dem Tod und unsere Herrlichkeit in der Ewigkeit. So sind wir recht selig in dir, Amen; ja in dir, Amen.

Philipp Jakob Spener – Dankgebet

Heiliger Gott, getreuer Vater, wie sollen wir dir genugsam danken, dass du uns aus nur lauter Gnade und Barmherzigkeit zu deinen Kindern angenommen hast. Du, der grosse Monarch über Himmel und Erden, uns arme Erd und Aschen. Ach was Ungleichheit! und desswegen wie viel herrlichere Gnade! Vergieb, dass wir weder diese hohe Würde genugsam erwogen und vor Augen gehabt, noch viel weniger dir davor genugsam gedanket haben. Aber eben deine väterliche Barmherzigkeit tröstet uns auch dieser gnädigen Vergebung. Lass doch von nun an diese theure Wohlthat und Schatz der Seligkeit, in deiner Kindschaft, so wir in der heiligen Taufe empfangen haben, dermaassen lebendig in unsere Seelen durch die Kraft des heiligen Geistes eingedrückt werden, dass wir nicht allein in seinem Licht dieselbe tief einsehen, sondern auch in wahrem Glauben uns fest an dieselbe halten, auch allen unsern Trost daraus ziehen. Lass aber auch solche Kindschaft den stetigen und kräftigsten Antrieb sein, dir unserm treuen Vater auch nach deinem Wohlgefallen gehorsamlich zu dienen. Und wo es mit uns zum Ende dieses Lebens gehen will, so lass alsdann diese Kindschaft Dasjenige sein, damit wir uns wider alle Anfechtungen und Schmerzen wappnen, und, durch den Glauben des ewigen Erbes versichert, uns in deinen Vatersschoss hinlegen und in demselben sanft einschlafen, durch Jesum Christum unsern erstgebornen Bruder, Amen.