Christian Wilhelm Spieker – Gnade und Glaube

Getreuer Gott und Vater, dir sei Preis für alle deine Güte, daß du mich ruhen lassen unter dem Schatten deiner Flügel. Laß mich desto mehr die künftige Zeit über zu deiner Liebe erweckt werden, daß ich nicht begehre zu leben ohne in dir, und was ich noch lebe, im Glauben deines Sohnes lebe, ja daß er mein wahres Licht und Leben werde. Hierzu übergebe ich mich dir von Neuem in deine Reinigung und Regierung.

Laß durch den Glauben Christum in meinem Herzen wohnen, daß er die Früchte des Glaubens in mir wirke, als Liebe, Hoffnung, Demuth, Sanftmuth und Geduld. Lehre mich keine Lust verlangen als deine Liebe, keinen Vortheil, als die Schätze deiner Gnade, keine Ehre, als deine Kindschaft. Für das Zeitliche laß mich nicht ängstlich sorgen, denn du wirst mich nicht verlassen noch versäumen. Heilige und benedeie das Werk meiner Hände, und neben mir Alle, die dich suchen. Ja, breite deine Barmherzigkeit über alle Menschen aus und rette jeden von dem Verderben, worin er gefangen ist oder das ihn bedroht, vornehmlich die Feinde deiner Wahrheit.

Insbesondere empfehle ich deiner Leitung alle die Meinigen, auch meine Oberen und Vorgesetzten. Erbarme dich des Mangels und Bedarfs in allen Ständen und mache der Bosheit und den Aergernissen ein Ende, hilf allen Nothleidenden und Kranken, und sei uns Allen gnädig, daß du uns deinen Frieden gebest im Namen Jesu! Amen.

Christian Wilhelm Spieker – Gebet um Nachfolge

Wenn ich erwache, o Herr, so denke ich an dich. Ist’s doch so köstlich, die Gedanken zu dir erheben, du heiliger, grundgütiger Gott. Du umgiebst mich überall mit den Zeugnissen deiner Allmacht, Weisheit und Güte! So sei denn auch der Gedanke an dich mein Trost und meine Freude. Ich gehe oder liege, so bist du um mich; du siebest alle meine Wege. Welch ein seliges Gefühl, der Herr ist mir nahe; er leitet mich an seiner Hand und läßt sein Angesicht freundlich leuchten über mir! O Herr, mein Gott, so will ich denn auch vor dir wandeln und mich hüten, daß ich in keine Sünde willige, noch thue gegen dein göttliches Gebot. Es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht Alles wissest. Kein Wort gehe denn aus meinem Munde, wodurch ich den Nächsten betrüben, den Kleinen Aergerniß geben, die Wahrheit entstellen, das Recht beugen, das Heilige antasten könnte. Du kennst alle meine Gedanken von ferne. So komme denn nichts auf in der Seele, was dir mißfällig sein könnte, dessen ich mich vor meinem Gewissen zu schämen hätte, das die Farbe des Neides, der Selbstsucht, des Hasses tragen möchte. Auch mein Seufzen ist dir nicht verborgen. An dich will ich mich allezeit mit meinen Wünschen wenden; von dir mit kindlicher Zuversicht erbitten und erwarten, was mir gut und nützlich ist; auf dich meine Hoffnung setzen und die Wohlfahrt meines Lebens bauen. Du vergissest und versäumest Keinen, der sich auf dich verläßt. Vor dir will ich wandeln und fromm sein, dich immer tragen in meinem Herzen. Das wird mir geben einen freudigen und gewissen Geist, einen festen Willen, ein ruhiges Herz, einen heitern Sinn. Dazu hilf, du lieber himmlischer Vater, heute und alle Tage durch deinen eingeborenen Sohn Jesum Christum. Amen!

Christian Wilhelm Spieker – Lobgebet

Jesu, mein Erlöser, wer kann dich würdig preisen, du unaussprechliche Macht und Weisheit des Vaters? O wie gern möchte ich ganz in deinem Lobe aufgehen! Aber, weil ich solches nicht kann, soll ich darum schweigen? Wehe denen, die von dir schweigen, der du den Mund der Stummen öffnest und Rinderzungen beredt machst! Wehe denen, die von dir schweigen; denn bei all ihrem Geschwätz sind sie stumm, wenn sie dein Lob nicht verkündigen. Unendlich bist du, o Herr, und unendliche Liebe sind wir dir schuldig, die du durch dein theures Blut erkauft hast. Denn wenn ein Mensch den andern also liebt, daß er kaum ohne ihn sein kann, wenn die Braut dem Bräutigam so innig zugethan ist, daß sie nimmer Ruhe hat, wenn ihr Freund nicht bei ihr ist; mit welcher Liebe, mit welcher Inbrunst muß dich die dir im Glauben vertraute Seele lieben, ihren waren Gott und Bräutigam, der du so Vieles und so Großes für uns gethan hast! Und überdies ist deine Liebe so süß und so ruhevoll. Auch die Welt hat zwar ihre Lust und Ergötzlichkeiten, aber die Seelen, welche sich ihr hingeben, können nicht still sein; von Argwohn, Unruhe und mannigfachen Befürchtungen werden sie umgetrieben. Bei dir hingegen ist ein ungestörtes Leben. Wer zu dir kommt, lieber Herr, der geht ein zur Freude seines Herrn, der kann sprechen: Der Herr ist mein Hirt, mir wird nichts mangeln; er weidet mich auf einer grünen Aue. Amen!

Christian Wilhelm Spieker – Bewahrung

Darum laß mich, o Herr, die Sünde, die Ursache alles Uebels, scheuen und meiden, alle Trübsal, die um ihretwillen über mich kommt, zu meinem Heil anwenden, und mich, so lange ich hier noch walle, auf einen seligen Heimgang bereiten, damit ich, wenn das letzte Stündlein erscheint, getrost abscheiden könne in dem seligen Bewußtsein, einen guten Kampf gekämpfet, den Lauf vollendet und Glauben gehalten zu haben.

Mein Gott und Herr, weich‘ nicht von mir; Nimm mich in deine Hände. O wahrer Gott, aus aller Noth Hilf mir am letzten. Ende!

Christian Wilhelm Spieker – Bewahrung

a, ich sage dir Lob und Dank, du lieber Vater im Himmel, durch meinen Herrn und Heiland Jesum Christum, daß du mich und die Meinen in dieser vergangenen Nacht so väterlich behütet und vor allen Gefahren getreulich bewahret hast. Du hast Leben und Wohlthaten mir gethan und dein Aufsehen hat meinen Odem bewahret. Nun aber weiß ich, daß des Menschen Thun nicht stehet in seiner Gewalt, wie er wandle und seinen Gang richte: darum komme ich zu dir, mein Herr, und mein Gott, und übergebe mich ganz deiner weisen und väterlichen Leitung. Erleuchte du meinen Verstand, regiere mein Herz, stärke meinen Willen, daß ich alle meine Sachen weislich führe und nichts Anderes suche, gedenke und begehre, als was dir wohlgefällig und mir und meinem Nächsten nützlich und heilsam ist. Dir will ich meinen Sinn, Verstand und Willen zum alleinigen Dienste ergeben. Mit kindlicher Freudigkeit ergreife ich deine Hand, auf daß sie mich sicher führe durch das unsichere Leben. Du aber, mein treuer Hirt und Heiland, der du der Weg, die Wahrheit und das Leben bist, leite meinen Fuß auf den Weg des Friedens und des Heils und behüte meinen Eingang und Ausgang. Bewahre mich, daß ich nicht in Irrthum und Sünde verfalle, sondern dir diene im wahren Glauben und mit reinem Herzen. Laß dein heiliges Wort mir ein Zeichen sein in meiner Hand und ein Denkmal vor meinen Augen. Erleuchte mich mit deinem himmlischen Lichte; erquicke mich mit deinem göttlichen Troste, stärke mich mit deiner ewigen Kraft. In deinem Namen gehe ich jetzt an meine Arbeit. Ohne dich und deinen Segen vermag ich ja doch nichts. Verleihe dem Herzen Frieden, dem Arme Kraft, dem Leibe Gesundheit; bewahre mich vor Unglück und Schaden und gieb Geduld bei den Sorgen und Mühen des Lebens. Ich will Alles thun in deinem heiligen Namen; so werde ich mein Tagewerk thun zu deiner Ehre und zu meinem Segen. Wie du mich, führe auch die Meinen. Amen!

Christian Wilhelm Spieker – Morgengebet

Ich danke dir, mein lieber himmlischer Vater, durch Jesum Christum, deinen lieben Sohn, daß du mich und die Meinen diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr gnädiglich behütet hast, und bitte dich, du wollest mir vergeben alle meine Sünden, wo ich unrecht wider dich gethan habe, und mich und die Meinen behüten vor Sünden und allem Uebel, auf daß dir all mein Thun und Leben wohlgefalle. Denn ich befehle mich, mein Leib und Seel‘ und Alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, auf daß der böse Feind keine Macht an mir finde. Amen.

Christian Wilhelm Spieker – Neujahrsgebet

Ach, ich beuge meine Kniee vor dir, allmächtiger, ewiger Gott, der du wohnest in einem Lichte, da Niemand zukommen kann. Du bist der Selige und Alleingewaltige, der Alles trägt mit seinem starken Arm. Auch mich hast du aus Gnaden berufen zur ewigen Seligkeit. Meine Seele verlanget nach dir, und damit ich den Weg des Lebens erkennen und volles Genügen finden möge, hast du deines eingeborenen Sohnes nicht verschonet, sondern ihn auch für mich in die Welt gesandt. Herr, Alles, was ich bin und habe, lege ich in deine treuen Vaterhände. Du thust über Bitten und Verstehen, und führest Alles hinaus zu deines Namens Ehre und zu unsrer Seelen Seligkeit. So nimm denn auch in diesem neuen Jahre mich und die Meinen in deinen gnadenreichen Schutz, denn ohne dich vermögen wir nichts. Beschütze und behüte, regiere und tröste uns, auf daß unser Ausgang und Eingang gesegnet sei. Verleihe uns Muth im Kampfe, Geduld im Leiden, Hilfe in Gefahr; erhalte uns bei dem Einen, daß wir deinen Namen fürchten, die Sünde meiden und mit Ernst trachten nach dem ewigen Leben. Bleibe bei uns mit deiner Gnade, mit deinem Schutze und mit deinem Frieden. Und ist meine Zeit dahin, so nimm mich um Christi willen auf in dein ewiges Reich. Amen!

S. Spörlein – Dankgebet

O, Herr Christus, unser Erbarmer und Heiland, wie, wie können wir dir genug danken für den Segen, den du auf Erden gebracht, für die Gnade, mit der du uns alle Tage von Neuem erfüllst! Du bist unser Licht und Leben, unsre Kraft und Hoffnung, – und zwar bekennen wir es hier vor deiner Allgegenwart, daß wir nichts ohne dich vermögen. O, sich uns alle gnädig an, und leuchte in unsern Geist und belebe unser Herz – laß uns an dir halten, fest an dir, halten, damit wir einst, wie du, glorreicher Mittler, in die Herrlichkeit bei deinem Vater eingehen. Amen.

Johann Friedrich Stark – Liebe Gottes

Der Herr ist bei mir, darum fürchte ich mich nicht. Du bist mein Hort, mein Fels, meine Burg und mein Erretter. Also seufze ich, mein Gott! in meiner jetzigen Betrübniß und Angst der Seele. Ach Herr, Herr! du weißt ja wohl, wie weh mir ums Herz ist, wie voller Leiden und Schmerzen ich bin. Aber ich weiß auch, daß mich diese Noth nicht unterdrücken wird, wenn du mir beistehst. Ach! verbirg doch dein Angesicht nicht länger vor mir. Du hast mir von Jugend auf viel Liebes und Gutes erwiesen; ach! mit solcher Liebe umfasse mich auch jetzt in der Betrübniß meiner Seele. Ein Schäflein flieht, wenn es gejagt wird, zu seinem Hirten; ein Kind, wenn es geängstet wird, geht zu seinem Vater; darum komme ich auch, mein Hirte und mein Vater! zu dir. O großer Gott! du hast mir deinen Beistand versprochen, ich bin bei dir in der Noth, ich will dich herausreißen; fürchte dich nicht, ich bin bei dir, weiche nicht, ich bin dein Gott, ich stärke dich, ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit; ich will dich nicht verlassen, noch versäumen. Nun, o großer Gott! jetzt habe ich Hülfe vonnöthen, jetzt stehe mir bei, jetzt weiche nicht von mir, jetzt verlaß mich nicht. Umfasse mich mit deinen Liebes-Armen, erhalte mich, daß ich nicht sinke, erquicke mich in meinem Leiden, laß mich hören Freud und Wonne, daß die Gebeine fröhlich werden, die du zerschlagen hast. Beweise auch an mir, was Andere so vielfältig von deiner Liebe und Güte rühmen, damit ich mit ihnen deinen großen Namen preisen möge. O du Gott der Liebe! versiegle den Trost in meinem Herzen, du habest mein nicht vergessen, so wenig wie ein Vater seines Kindes vergessen kann. Treuer Vater! siehe, dein Kind ist betrübt, erfreue es, es ist voller Angst, erbarme dich und hilf ihm. Ich will, dieweil ich lebe noch, das Kreuz dir fröhlich tragen nach, mein Gott, mach mich dazu bereit, es dient zum Besten allezeit, Amen.

Johann Friedrich Stark – Barmherzigkeit Gottes

O du barmherziger Gott! dessen Barmherzigkeit kein Ende hat, dessen Güte alle Morgen neu wird; siehe, ich bekümmerte und betrübte Seele trete vor dein allerheiligstes Angesicht, und schütte meinen großen Kummer und betrübtes Herz vor dir aus. Dir ist ja wohl bekannt mein Jammerstand und großes Elend, das mich getroffen hat, meine Seele ist betrübt, mein Geist geängstet, und Leiden hat mich umgeben ohne Zahl. Ich sehe mich um nach Helfern. Menschen wollen sich theils meiner nicht annehmen, theils wissen sie meine Noth nicht, theils mag ich es auch nicht offenbaren, aber dir, o Gott! klage ich es mit betrübtem Herzen, ich wiß, du bist barmherzig, und lässest dich unser Elend jammern. Es jammerte dich der betrübten Wittwe, die da weinte um ihr Kind; es jammerte dich des Volks, welches nichts zu Essen hatte, und dein Jammer war mit dem Erbarmen und Helfen verknüpft. O darum komme ich zu dir und spreche: ach erbarme dich über mich! Ach Gott! ich bin dein Geschöpf, darum wirst du das Werk deiner Hände nicht lassen. Ja, ich bin mehr, ich bin auch dein Kind, das du in der heiligen Taufe in die Arme deiner Barmherzigkeit aufgenommen hast, darum spreche ich: ach mein Vater! erbarme dich deines armen und verlassenen Kindes. Mein Jesu! ich bin ja mit deinem heiligen Blut erkauft: darum wirst du dich deines Eigenthums erbarmen. O du werther heiliger Geist! lege das Zeugniß in meine Seele, daß ich bei allem meinem Leiden dennoch ein Kind Gottes sey, und wenn ich im Beten matt werde, und fast nicht mehr beten kann, so schreie du in mir das Abba lieber Vater; siehe, ich sinke, ach biete mir deine Hand! ach Herr! nach deiner großen Barmherzigkeit stärke meinen Glauben, erhalte mich in meinem Elend, gieb mir alle Tage neue Kräfte, daß mein Glaube nicht aufhören, daß meine Hoffnung nicht sinken, noch mein Vertrauen auf dich schwach werden möge. Du hast mich ja noch niemals verlassen; ach! so verlaß mich jetzt auch nicht, hilf deinem Kinde, das zu deiner Barmherzigkeit allein seine Zuflucht nimmt. Ach! ich kenn‘ sein Vaterherz, er ist schon auf Hülf bedacht, meine Trübsal, Angst und Schmerz, und was mich sonst traurig macht, wird sich alsdann sogleich wenden, wenn er mir wird Hülfe senden, drum mein Vater! komm zu mir. Herz und Auge thränt nach dir, Amen.