Augustinus, Aurelius – Gebet um die Menschwerdung des Sohnes Gottes.

O welch große Güte und Liebe Gottes ist das, daß Gott ist Mensch geworden, auf daß der verlorne Mensch von der Gewalt des Teufels erlöset würde. Ach welch große und freundliche Liebe ist das, daß der Sohn Gottes nicht allein aus großer Erbarmung sich erniedriget und von der reinen Jungfrauen Mensch geboren ist, sondern sich auch dem Tod des Kreuzes unterworfen und sein Blut für uns vergossen hat! Also hat sich der fromme und getreue Sohn Gottes zu uns herab gemacht, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist; das verlorne Schäflein auf seinem Rücken zu tragen und wieder zurecht zu bringen. O du frommer Gott und unser getreuer Hirte, o wie groß ist deine Liebe und Güte! Wer wollte sich nicht herzlich darüber verwundern und sich in dieser deiner Güte freuen! Aber wer kann dich für diese deine Güte genug loben und preisen? Die Engel im Himmel können deine große und unbegreifliche Güte und Erbarmung nicht genugsam ermessen und begreifen; viel weniger werden wir arme Menschen solches thun können; denn diese deine innerliche und herzliche Erbarmung, diese deine unerforschliche Liebe und Gunst läßt sich nicht mit menschlicher Weisheit, Vernunft und Verstand fassen. Was kann Größeres an uns gethan und angewandt sein, denn daß du nicht der Engel Thun und Wesen, sondern unser Fleisch und Blut angenommen hast, dasselbe der fröhlichen Auferstehung theilhaftig gemacht und mit der Unsterblichkeit gezieren, über alle Himmel erhoben, über alle Engel, ja Cherubim und Seraphim erhöhet hast, daß wir uns hoch zu freuen und dich mit allen Engeln und himmlischen Heerscharen zu loben haben von nun an bis in Ewigkeit. Amen!