Sören Aabye Kierkegaard

Vater im Himmel, wende nicht länger dein Antlitz von mir, laß es aufs neue leuchten für mich, so daß ich deine Wege gehe und nicht mehr und mehr mich verirre, weit weg von dir, wo deine Stimme mich nicht mehr erreichen könnte.
Oh, laß deine Stimme ertönen für mich, gehört werden von mir, wenn sie auch schreckend mich einholen muß auf meinen irren Wegen, wo ich als krank und beschmutzt im Geist abseits lebe und einsam, fern der gemeinschaft mit dir und fern der Gemeinschaft mit Menschen. Du, Herr Jesus Christus, du, der in die Welt kam, um den Verlorenen zu retten, du, der die neunundneuzig Schafe ließ, um das eine verirrte zu suchen, suche mich auf den Abwegen meiner Verirrungen, wo ich mich verberge vor dir und den Menschen; du, der gute Hirte, laß mich deine Stimme hören, laß mich sie erkennen, laß mich ihr folgen!
Du, Heiliger Geist, tritt du auch vor mich mit unaussprechlichem Seufzen, bete für mich wie Abraham für das verderbet Sodom, erneuer du auch mich und schaff in mir ein neues Herz. Oh, bewahre du auch mich, fester geknüpft an ihn, meinen Heiland und Erlöser, daß ich geheilt, nicht vergessen möge wie jene neun Aussätzigen, umzukehren, wie der eine Aussätzige zurück zu ih, der mir das Leben gegeben hat, in dem allein Seligkeit zu finden ist, ja heilige du mein Tun und Denken, so daß erkannt werden möge, daß ich sein Leibeigener bin jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.

Kierkegaard, Sören Aabye – Bitte um Liebe

Herr Jesus Christus, damit wir recht Dich um Falles bitten können, bitten wir Dich zuerst um eines: hilf uns, daß wir Dich lieben, vermehre die Liebe, entstamme sie, läutere sie. O, diese Bitte wirst Du erhören, Du, der Du ja nicht, grausam, die Liebe so bist, daß du nur ihr Gegenstand bist, gleichgültig, ob einer Dich liebt oder nicht; Du, der Du ja nicht, im Zorn, die Liebe so bist, daß Du nur der Richter bist, eifernd, wer Dich liebt und wer nicht. Nein, so bist Du nicht, so flößtest Du auch nur Furcht und Angst ein, so wäre es furchtbar, „zu Dir zu kommen“, furchtbar, „in Dir zu bleiben“, so wärest Du ja nicht selbst die vollkommene Liebe, welche die Furcht austreibt. Nein, erbarmend, oder liebevoll, oder in Liebe bist Du die Liebe so, daß Du selber die Liebe erzeugst, die Dich liebt, sie empor liebst, daß sie Dich hoch liebe.

Kierkegaard, Sören Aabye – Die Liebe deckt der Sünden Menge

Herr Jesus Christus! Die Vögel hatten Nester, die Füchse hatten Gruben, und Du hattest nicht, wo Du Dein Haupt hinlegen konntest, obdachlos warst Du in der Welt – selber doch die Deckung, die einzige, wo der Sünder hinfliehen konnte. Oh, und so bist Du ja noch am heutigen Tage die Deckung; wenn der Sünder flieht zu Dir, deckt er sich bei Dir, ist gedeckt in Dir: da ist er ewig wohl verwahrt, da deckt „die Liebe“ der Sünden Menge.

Kierkegaard, Sören Aabye – Lilien und Vögel

Vater im Himmel! Was man in der Gesellschaft der Menschen und besonders im Menschengewimmel so schwer zu wissen bekommt, und was auch so leicht wieder vergessen wird, wenn man es zu wissen bekam – was es heißt, ein Mensch zu sein, und welches die Aufgabe für uns Menschen ist: daß  wir dies lernen möchten von der Lilie und dem Vogel; daß  wir es lernen möchten, wenn nicht auf einmal und, ganz, so doch etwas davon und nach und nach, daß  wir diesmal vom Vogel und von der Lilie lernen möchten: Schweigen, Gehorsam und Freude!

Sören Aabye Kierkegaard – Liebe

Herr Jesus Christus! Du, der Du gewiß nicht auf die Welt kamst, um zu richten, Du warst doch dadurch, daß Du die Liebe warst, die nicht geliebt ward, das Gericht über die Welt. Wir nennen uns Christen, wir sagen, daß wir niemand wissen, zu dem wir gehen könnten, außer zu Dir – ach, zu wem sollen wir dann hingehen, wenn es, just durch Deine Liebe, auch für uns zum Gericht wird, daß wir wenig lieben? Zu wem, o Trostlosigkeit, wenn doch nicht zu Dir; zu wem, o Verzweiflung, wenn Du nicht doch erbarmend Dich unser annehmen wolltest, uns vergebend unsere große Sünde gegen Dich und gegen die Liebe, uns, die wir viel sündigten dadurch, daß wir wenig lieben!

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Herr Jesus Christus! Die Vögel hatten Nester, die Füchse hatten Gruben, und Du hattest nicht, wo Du Dein Haupt hinlegen konntest, obdachlos warst Du in der Welt – selber doch die Deckung, die einzige, wo der Sünder hinfliehen konnte. Oh, und so bist Du ja noch am heutigen Tage die Deckung; wenn der Sünder flieht zu Dir, deckt er sich bei Dir, ist gedeckt in Dir: da ist er ewig wohl verwahrt, da deckt „die Liebe“ der Sünden Menge.

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Herr Jesus Christus, damit wir recht Dich um Falles bitten können, bitten wir Dich zuerst um eines: hilf uns, daß wir Dich lieben, vermehre die Liebe, entstamme sie, läutere sie. O, diese Bitte wirst Du erhören, Du, der Du ja nicht, grausam, die Liebe so bist, daß du nur ihr Gegenstand bist, gleichgültig, ob einer Dich liebt oder nicht; Du, der Du ja nicht, im Zorn, die Liebe so bist, daß Du nur der Richter bist, eifernd, wer Dich liebt und wer nicht. Nein, so bist Du nicht, so flößtest Du auch nur Furcht und Angst ein, so wäre es furchtbar, „zu Dir zu kommen“, furchtbar, „in Dir zu bleiben“, so wärest Du ja nicht selbst die vollkommene Liebe, welche die Furcht austreibt. Nein, erbarmend, oder liebevoll, oder in Liebe bist Du die Liebe so, daß Du selber die Liebe erzeugst, die Dich liebt, sie empor liebst, daß sie Dich hoch liebe.