Johann Arnd – Danksagung für die Einsetzung des heiligen Abendmahls.

Ach du holdseliger, liebreicher, gütiger und freundlicher Herr Jesu Christe! welch eine große Liebe hast du uns durch die Stiftung des heiligen Abendmahls erzeigt, dass du uns mit deinem heiligen Leib und Blut speist und tränkest! Was kann Tröstlicheres gesagt werden, denn das Wort: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm? Was ist doch Tröstlicheres, denn in Christo bleiben? Was ist Freundlicheres, denn dass du in uns bleibst? Wenn wir in dir, und du in uns bleibst, was kann uns Tod und Teufel schaden? In dir sind wir ja sicher vor allem Unglück. Ach mein Gott und Herr, was bin ich, dass du mir dich gibst zur Speise und Trank? Ich bin Erde und Asche, ein stinkend Gefäß; und du legst so einen edlen Schatz in mich. Daran erkenne ich deine große Liebe, weil du mir ein so großes Pfand der Liebe gibst, das ja nicht größer sein kann im Himmel und auf Erden. Das Pfand des Geistes hast du mir zwar gegeben, daran ich erkenne, dass ich ein Kind Gottes bin. Aber im Abendmahl gibst du mir das Pfand deines Leibes und Blutes, daran ich erkenne, dass du mein Bruder bist, mein Fleisch und Blut. Welch einen herrlichen und großen Zeugen meiner Erlösung gibst du mir im heiligen Abendmahl, nämlich dein Blut, welches auf Erden zeugt von unserer Erlösung. Denn obwohl der Heilige Geist auch dein Zeuge ist in unsern Herzen, so hast du doch auch uns einen äußerlichen Zeugen und Siegel geben wollen unserer Erlösung, nämlich dein Blut, welches auch zeugt und ruft in unsern Herzen. Dadurch hast du wollen zu Hilfe kommen unserm schwachen Glauben. Denn ob uns wohl dein Wort kräftiglich im Glauben stärket, so wird doch der Trost kräftiger, wenn wir dies Wort hören: Das ist mein Leib, für euch gegeben; das ist mein Blut, welches für euch vergossen ist, zur Vergebung der Sünden. Darum, o mein Herz, was trauerst du, was zagst du, was fürchtest du Tod und Verdammnis? Ist doch dein Herr und Erlöser für dich gestorben, und gibt dir zum Pfand deiner Erlösung seinen heiligen Leib und Blut, auch zum Pfand seiner herzlichen Liebe und der Vereinigung mit dir, dass dich weder Tod noch Leben von ihm scheiden soll. Ach mein Gott und Herr, lehre mich bedenken, mit was demütigem Herzen ich diesen edlen Schatz empfangen solle. Ach ich Unreiner komme zu dem Brunnen aller Reinigkeit. Ich Elender und Dürftiger komme zu dem Reichen. Ich Sünder zu dem Gnadenbrünnlein. Ich Kranker komme zu dem rechten Arzt. Ich Hungriger und Durstiger zu dem rechten Himmelbrot und Brunnen des Lebens. Du aber, du Allerheiligster, kommst zu dem Unheiligen. Wo hat man je so eine Wunderliebe gehört, dass der Herr aller Herren zu einem armen Bettler kommt; ja dass ein solcher armer elender Mensch den Herrn Himmels und der Erde zu eigen haben solle, zur himmlischen Speise und Trank? Ach lass mich ja diese Liebe nimmermehr vergessen. Lass mich deines Leidens und Todes ohne Unterlass eingedenk sein, auf dass meine Seele dadurch gespeist und getränkt werde geistlicher und himmlischer Weise ins ewige Leben. Denn in deinem Leiden und Tod ist alles, was meine Seele erquicken und wonach ihr hungern und dürsten kann. Ach bereite mein Herz würdig durch wahren Glauben, durch wahre Buße, Liebe und Demut, zu empfangen diesen großen Schatz. Welch eine schöne Hütte und Tempel bereitete Mose und Salomon dem Gnadenstuhl! Ach schmücke meine Seele mit dem Licht der Andacht, mit dem Gold und Glanz des Glaubens, mit den schönen Teppichen der Liebe und Demut, mit der Krone der Hoffnung. Vermehre und stärke in mir alle geistlichen Gaben. Denn wie kann mein Glaube besser gestärkt werden, als wenn mir Vergebung der Sünden durch Christi Blut versiegelt und ins Herz geschrieben wird? Wie kann in mir die Liebe Gottes und meines Nächsten besser vermehrt werden, denn dass mich mein Herr Christus durch seinen Leib und Blut mit ihm und allen Gläubigen vereinigt, und Einen Leib aus uns macht? Wie kannst du mir, o lieber Herr, meine Hoffnung besser stärken und bekräftigen, denn dass du mich mit einer unvergänglichen Speise ins ewige Leben speist? Ach mein Herr und Gott, ich bitte dich demütig, weil du mein Fleisch und Blut worden bist, lass mich auch alles, was dir wohlgefällt, lieben. Deinen Willen lass meinen Willen sein. Was dir zuwider ist, lass mir auch zuwider sein. Mein Fleisch und Blut ist dein Fleisch und Blut, und dein Fleisch und Blut ist mein Fleisch und Blut. Darum lass michs nicht zur Sünde missbrauchen, sondern dir allein zu Ehren und Wohlgefallen. Lass mich auch hinfüro durch Kraft deines Fleisches und Blutes williger und stärker werden, mein Kreuz zu tragen, geduldig sein in Trübsal, demütig in Verachtung, sanftmütig in Beleidigung, brünstig und beständig in der Liebe, andächtig im Gebet, dass ich die Kraft deines Leibes und Blutes in meinem Leben und die Frucht deiner Erlösung in meinem Glauben allezeit fruchtbar empfinden möge. Amen.

Johann Arnd. Danksagung für die fröhliche Himmelfahrt Jesu Christi.

Herr Jesu Christe, du allmächtiger Siegesfürst, der du dich durch deine sieghafte und fröhliche Himmelfahrt gesetzt hast zur Rechten der Majestät und Kraft Gottes, und alle deine Feinde gelegt zum Schemel deiner Füße, nämlich die Sünde, Tod, Teufel, Hölle und die Welt! Wie soll ich diesen Triumph, diesen Sieg, diese Herrlichkeit, diesen deinen hohen Namen genugsam und würdig rühmen und preisen? Denn nachdem du gemacht hast die Reinigung unserer Sünde durch dich selbst, hast du dich in den Himmel gesetzt zur Rechten der Majestät Gottes, so viel besser worden denn die Engel, so gar viel einen höheren Namen du vor ihnen geerbt hast. Denn zu welchem Engel hat Gott jemals gesagt: Setze dich zu meiner Rechten. Dein himmlischer Vater hat dir alles unter deine Füße getan, nichts ausgenommen, denn sich selbst. Du hast dir untertan gemacht die Engel, die Gewaltigen, die Fürstentümer und die Kräfte. Auch hast du in diesem herrlichen sieghaften Triumph ausgezogen die höllischen Fürstentümer und Gewaltigen, sie öffentlich Schau getragen, und einen Triumph aus ihnen gemacht durch dich selbst. Du starker Gott, fährst auf mit Jauchzen, und der Herr mit heller Posaune.

Lobsingt unserm Gott, lobsingt ihm klug. Der Wagen Gottes ist viel tausend mal tausend. Du bist aufgefahren in die Höhe und hast das Gefängnis gefangen geführt. Du hast Gaben empfangen für die Menschen. Du bist erhöht über alle Engel und Fürstentum, über alle Gewalt und Macht, über alles, was in dieser und jener Welt mag genannt werden. Gott hat dich zum Haupt gesetzt deiner Gemeine, die da ist dein Leib, und die Fülle des, der alles in allem erfüllt. Du bist unser ewiges einiges Haupt, der seinen Leib und seine Glieder mit Leben, Licht, Trost, Kraft, Stärke, Sieg, Friede und Freude erfüllt. Du bist unser ewiger Hoherpriester, salbst uns mit deinem Heiligen Geist, gibst Evangelisten, Apostel, Propheten, Hirten und Lehrer, auf dass dein geistlicher Leib erbaut werde. Ach sende solche Bauleute, die du mit dem Geist der Weisheit und des Verstandes erfüllt hast. Du hast ein ewiges Hohepriestertum; darum kannst du allezeit selig machen, Gebet erhören derer, die zu dir kommen und zu dir rufen. Du hast uns durch deine Himmelfahrt den Weg gezeigt, den Himmel und Paradies eröffnet, und die Stätte im Himmel bereitet. Weil du nun, als unser Haupt, im Himmel bist, so werden auch gewiss deine Glieder nicht draußen bleiben. Du wirst uns alle nachholen, auf dass wir seien, wo du bist, dass wir deine Herrlichkeit sehen. Dadurch ist unsere selige Hoffnung bestätigt, dass wir gewiss zu dir kommen werden. Dadurch ist unsere Gerechtigkeit bekräftigt. Denn darum erscheinst du vor deinem himmlischen Vater, zum Zeugnis, dass du durch dein Blut ins Allerheiligste eingegangen bist, und eine ewige Erlösung erfunden, und die ewige Gerechtigkeit wieder gebracht hast. Ziehe uns nach dir, dass wir mit unsern Gemütern bei dir im himmlischen Wesen und Leben wandeln und wohnen mögen; dass wir auch allda unser Herz haben, da unser Schatz ist, und suchen was droben, und nicht was drunten ist; dass wir vergessen, was dahinter ist, und strecken uns nach dem, das zukünftig ist. Ziehe uns nach dir, so laufen wir. Gib uns Flügel der himmlischen Morgenröte, und des heiligen Verlangens nach dir, dass wir zu dir fliehen. O wann werde ich dahin kommen, dass ich dein Angesicht sehe, und mit dir auffahre zu deinem Vater und zu meinem Vater, zu deinem Gott und zu meinem Gott! Komm, Herr Jesu, und nimm mich zu dir. Amen.

Johann Arnd – Danksagung und Betrachtung des Leidens Jesu Christi.

O du heiligster und holdseligster Herr Jesu Christe! wir danken dir für deine herzliche Traurigkeit, da deine Seele um unsertwillen betrübt ward bis in den Tod, auf dass du die ewige Traurigkeit von uns abwendetest, und uns die ewige Freude erwirbst; für deinen demütigen Fußfall, so du deinem himmlischen Vater tatest, da du auf die Erde fielst auf dein heiliges Angesicht, auf dass du uns Gnade erlangtest, und unsere Angesichter nicht beschämt würden; für dein allerheiligstes Gebet und heiligen Gehorsam, da du deinen Willen deinem himmlischen Vater ganz aufopfertest und sprachst: Nicht was ich will, sondern was du willst, auf dass du unsern bösen Willen büßtest, heiltest, und uns in dem Willen Gottes heiligtest; für deinen herben bitteren Todeskampf, damit du dem Tod die Macht genommen und ihn kraftlos gemacht und überwunden; für deinen allerheiligsten blutigen Schweiß, welcher mild aus deinem zarten Leichnam gedrungen und auf die Erde gefallen, auf dass du unsern kalten Todesschweiß heiligtest und die Angst des Todes in einen sanften Schlaf verwandeltest. O du unschuldiges und unbeflecktes Lämmlein Gottes! wir danken dir, dass du um unsertwillen bist gefangen, auf dass wir erlöst würden; gebunden, auf dass wir von Sünden befreit würden; fälschlich verklagt, auf dass wir vor dem strengen Gericht Gottes losgezählt würden; in dein heiliges Angesicht geschlagen, auf dass wir Frieden hätten. O du allergeduldigstes und sanftmütigstes Herz! wir danken dir, dass du um unsertwillen bist verspottet, auf dass du uns gemacht würdest zur ewigen Weisheit; verspeit, auf dass du uns von unsern Schanden erlöstest; gelästert, auf dass wir in dir zu Ehren gebracht würden; gegeißelt, auf dass du unsern Ungehorsam büßtest. O du König der Ehren und Herr der Herrlichkeit! wir danken dir, dass du um unsertwillen zu Hohn und Schmach mit Purpur bekleidet, auf dass du uns das hochzeitliche Ehrenkleid erwirbst; mit Dornen gekrönt, auf dass du uns die Krone der Gerechtigkeit aufsetztest; ein Rohr in deine rechte Hand genommen, auf dass du das schwache Rohr nicht vollends zerbrächst; und damit lassen dein heiliges Haupt schlagen, auf dass wir unsere Häupter mit Freuden möchten aufrichten. O du allerliebreichster und freundlichster Herr! wir danken dir von Herzen für deine Vorstellung vor das Volk, da Pilatus sprach: Seht, welch ein Mensch! auf dass dein himmlischer Vater unser Elend ansähe, und um deinetwillen sich unserer erbarmte. Ach Vater, siehe, welch ein Mensch! Du Allerlieblichster, du bist von deinem Volk verworfen und verleugnet, auf dass du deiner gläubigen Kirche zum Eckstein würdest. – Du bist um unsertwillen zum Tode verurteilt, auf dass du uns von dem Urteil des ewigen Todes los machtest. O du allergerechtester und demütigster Knecht Gottes, du allergehorsamster Sohn Gottes, deines Vaters! wir danken dir, dass du dein Kreuz zu deinem heiligen Tod selbst hast getragen, auf dass du uns lehrtest, unser Kreuz willig auf uns zu nehmen; bist daran mit Händen und Füßen angenagelt, auf dass du ein Opfer würdest für unsere Sünde; bist zwischen zweien Mördern gekreuzigt, und unter die Übeltäter gerechnet, da du doch niemand Unrecht getan, auch kein Betrug in deinem Mund erfunden worden, auf dass du uns durch deine Unschuld versöhntest; hast auch große Lästerung und Schmach am Krenz erlitten, auf dass du uns von der ewigen Schmach erlöstest. O du Gesegneter des Herrn! wir danken dir, dass du ein Fluch am Holz bist worden, auf dass in dir alle Völker auf Erden gesegnet würden. Du bist worden als ein Wurm, und bist doch der Schönste unter den Menschenkindern, auf dass du uns vor Gott lieblich machtest. Du bist worden der Allerverachtetste unter den Menschen, auf dass du uns herrlich machtest. Du bist ganz trostlos am Kreuz gehangen, auf dass wir ewig getröstet würden. Du hast mit bloßem blutigen Leib sterben müssen, auf dass du uns mit dem Kleid des Heils und mit dem Rock der Gerechtigkeit bekleidest. O du ewiger Hoherpriester und unser einiger Mittler! wir danken dir, dass du am Kreuz für uns gebeten, auf dass du dich mit starkem Geschrei und mit Tränen deinem himmlischen Vater für uns opfertest. Wir danken dir für das tröstliche Wort: Heute wirst du mit mir im Paradies sein. Damit hast du das Paradies den armen Sündern aufgeschlossen. Denn dies Wort ist der rechte Paradiesschlüssel. Wir danken dir für deine Angst und Not, da du schriest: Mein Gott, mein Gott! warum hast du mich verlassen? auf dass wir von Gott nicht sollten ewig verlassen werden. Wir danken dir für deinen heiligen Durst am Kreuz und den herben Essigtrank, damit du uns vom ewigen Durst und von der Hölle Bitterkeit erlöst hast. Wir danken dir für dein tröstliches Wort: Es ist vollbracht! das ist: die Sünde ist nun getilgt, Gott ist versöhnt, die Schrift ist erfüllt, und ist eine ewige Erlösung erfunden. Wir danken dir für deinen heiligen Tod, und für dein letztes Wort am Kreuz. Denn damit ist alle unsere Sünde bezahlt, das Leben wiedergebracht, und aller Gläubigen Seelen in Christo in die Hände des himmlischen Vaters überantwortet. Lass uns nun, o du allerliebreichster, gebenedeiter König, um deinen heiligen Leichnam mit Joseph von Arimathia bitten, denselben in eine reine Leinwand unsers Glaubens einwickeln, mit Myrrhen und Aloe salben, das ist, mit herzlicher Reue und Leid über unsere Sünde, in unsere Andacht aufnehmen, und in ein neues gereinigtes Herz durch den Glauben, als in ein neues Grab, legen, dass er allein, und sonst keiner mehr, darin ruhe. Und versiegele du dies Grab mit deinem Heiligen Geist, dass dich niemand, weder Welt noch Teufel, aus unserm Herzen stehle, dass wir dich nicht verlieren, sondern dass wir mit dir sterben, auferstehen, leben, gen Himmel zu dir fahren, und ewig bei dir sein und bleiben mögen. Amen.

Johann Arnd – Um die Ruhe der Seele in Christo.

Ach du ewiger und einiger Friedefürst Jesu Christe, du allerseligste und höchste Ruhe aller gläubigen Seelen! du hast gesagt: Kommt zu mir, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. In der Welt habt ihr Angst, in mir habt ihr Friede. Ach wie oft habe ich Ruhe gesucht in dieser Welt und im Zeitlichen, habe sie aber nicht gefunden. Denn es kann die unsterbliche Seele nicht gesättigt, noch gestillt, noch besänftigt werden, denn mit unsterblichen Dingen, nämlich in dir und mit dir. O du unsterblicher Gott, wo du nicht bist, da ist keine Ruhe der Seele. Denn alles Zeitliche eilt zum Untergang, und verschleißt wie ein Kleid. Die Erde veraltet wie ein Gewand, sie verwandelt sich, und du, unwandelbarer Gott, wirst sie verwandeln. Wie sollte denn meine unsterbliche Seele in den sterblichen, wandelbaren, flüchtigen Dingen Ruhe finden? Denn gleichwie du, lieber Gott, unser Schöpfer, in keiner Kreatur ruhen wolltest, ohne in dem Menschen, denn als du den Menschen geschaffen hattest, ruhtest du von deinen Werken: also kann des Menschen Seele in keiner Kreatur ruhen, denn allein in dir, o Gott. Meine Seele kann nicht gesättigt werden, denn mit dir, o Gott, der du alles Gut bist. Darum hungert und dürstet meine Seele nach dir, und kann nicht eher ruhen und gesättigt werden, sie habe dich denn selbst. Deshalb du, mein Herr Christe, wohl gesagt hast: Wen da dürstet, der komme zu mir. Du bist meiner Seele Ursprung, darum kann sie nirgend ruhen, denn in dir. Darum rufe meine Seele und sprich zu ihr: Komm, meine Taube, meine Taube, in den Steinritzen und Felslöchern. Das sind deine Wunden, Herr Jesu, o du Fels des Heils, in welchen meine Seele ruht. Denn auch dein lieber Apostel Thomas nicht eher ruhen konnte, er hatte denn seine Hand gelegt in deine Wundmale. Das sind unsere Heilbrunnen, unsere Friedensbrunnen, unsere Liebebrunnen. Ach mein Herr Jesu, wie brünstig ist deine Liebe, wie rein ist sie ohne alles Falsch, wie vollkommen, wie unbefleckt, wie groß, wie hoch, wie tief, wie herzgründlich! Ach lass meine Seele in dieser deiner Liebe ruhen, in deinem Herzen, in welchem kein Falsch ist noch Betrug; da ruht sie ohne Furcht, sanft und sicher. Ach lass alle meine Sinne ruhen in dir, dass ich dich in mir höre freundlich reden, o du höchste Freundlichkeit; dass meine Augen dich anschauen, o du höchste Schönheit; dass meine Ohren dich hören, o du höchste Lieblichkeit; dass mein Mund dich schmecke, o du höchste Süßigkeit; dass ich von dir empfinde den edlen Geruch des Lebens, o du edle Blume des Paradieses! Lass meine Arme dich mit Liebe umfahen, o du lieblichster Bräutigam; mein Herz in dir jauchzen, o meine Freude; meinen Willen deiner allein mit Verlangen begehren, o meines Herzens einige Begierde; meinen Verstand dich allein erkennen, o du ewige Weisheit; alle meine Affekten und Begierden in dir allein ruhen, o Jesu, meine Liebe, mein Friede, meine Freude! Nimm weg aus meinem Herzen alles, was du nicht selber bist. Du bist mein Reichtum in meiner Armut. Du bist meine Ehre in meiner Verachtung. Du bist mein Lob und Ruhm wider alle Verleumdung. Du bist meine Stärke in meiner Schwachheit. Du bist mein Leben in meinem Tode. Ach wie sollte ich nicht in dir ruhen? Bist du mir doch alles. Du bist meine Gerechtigkeit wider meine Sünde, meine Weisheit wider meine Torheit, meine Erlösung wider meine Verdammnis, meine Heiligung wider meine Unreinigkeit. Komm zu mir und stille mein Herz, halt in mir deinen Sabbat. Lass mich hören, was du in mir redest. Lass mich empfinden, dass du in mir lebst, o mein Leben; wie du mich liebst, o meine Liebe; wie du mich tröstest, erquickst, erfreust und erleuchtest, o mein Trost, o meine Erquickung, o mein Licht! Lass mich dir mein ganzes Herz geben, dieweil du mir dein ganzes Herz gegeben hast. Lass mich von mir selbst ausgehen, auf dass du zu mir eingehst. Lass mich mein Herz ausleeren von der Welt, auf dass du mich mit himmlischen Gaben erfüllst. O Jesu, meines Herzens Ruhe, du heiliger Sabbat meiner Seele, bringe mich in die Ruhe der ewigen Seligkeit, da Freude die Fülle ist, und lieblich Wesen zu deiner Rechten ewig. Amen.

Johann Arnd – Danksagung für die heilige Taufe.

Ach Herr Jesu Christe, der du bist der Anfang, Mittel und Ende unserer Seligkeit, und das heilige Sakrament der heiligen Taufe gestiftet hast, und dasselbe bezeugt in dem Werk der Erlösung, da aus deiner eröffneten Seite Blut und Wasser geflossen, daher St. Johannes sagt: Drei sind auf Erden, die da zeugen, der Geist, das Wasser und das Blut, und die drei sind beisammen; hast auch dies Sakrament durch deine eigene Taufe im Jordan, als durch dein Exempel selbst, bestätigt und geheiligt. Ich danke dir herzlich, dass du mich durch dies Sakrament deiner heiligen christlichen Kirche einverleibt hast, und mich dadurch in die Gemeinschaft aller deiner himmlischen und ewigen Güter gesetzt, so du durch dein bitteres Leiden und Sterben erworben hast. Hast mich dadurch von dem gräulichen Gift und Aussatz der Erbsünde gereinigt und abgewaschen, alle meine Sünde, Schuld und Missetat aus Gnaden vergeben, und hast mich gereinigt durch das Wasserbad im Wort, und alle meine Übertretung getilgt, dass nicht Eine ist überblieben, die mich könnte verdammen, dass nun nichts mehr Verdammliches ist an denen, die in Christo Jesu sind. Hast mich auch, weil die Sünde vergeben, erlöset vom ewigen Tod, und von der Angst, Furcht und Schrecken des zeitlichen Todes, auch von der Gewalt des Teufels befreit, weil du mich dir einverleibt hast, zu einem Glied deines geistlichen Leibes gemacht, mich in dein Gnadenreich versetzt, mich mit dir vermählt, und in Ewigkeit mit dir verlobt. Und weil ich durch die Taufe dich angezogen, so bin ich mit deinem ganzen heiligen Gehorsam, Verdienst, Gerechtigkeit, Heiligkeit und Unschuld, als mit dem Kleid des Heils und mit dem Rock der Gerechtigkeit bekleidet. Hast mich durchs Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist neu geboren, aus einem Sünder einen Gerechten gemacht, indem ich in deinen Tod getauft, und der Frucht deines Todes teilhaftig worden, und deinem Gehorsam und Verdienst einverleibt, und demnach aus einem Kind des Zorns ein Kind der Gnade worden. Hast mich aus einem armen, elenden, verlorenen Menschenkind zu Gottes Kind gemacht, mir den Heiligen Geist der Kindschaft gegeben, durch welchen wir rufen: Abba, lieber Vater! Hast mich dadurch in deinen ewigen Gnadenbund aufgenommen, und dich mit mir verbunden durch deine Verheißung, mein Vater zu sein in Ewigkeit. Hast mir auch geschenkt das Kindesrecht, nämlich das ewige himmlische Erbe und Seligkeit. Summa, du hast mir in der heiligen Taufe das höchste Gut geschenkt, deinen lieben Sohn mit allen seinen Wohltaten. Christus ist mein, mit allem, was er ist und hat. Was kann mir tun die Sünde? Ist doch Christus meine Gerechtigkeit. Was kann mir tun der Tod? Ist doch Christus mein Leben. Was kann mir der Teufel tun? Christus ist meine Stärke und Sieg. Was kann mir die Welt tun? Christus hat sie überwunden. Ja mein Herr Christus hat mich schon selig gemacht, und mir alle Seligkeit geschenkt in der heiligen Taufe. Darum warte ich in Geduld der künftigen Herrlichkeit. Was kann mir Armut, Elend, Kreuz, Verfolgung und Verachtung schaden? Bin ich doch schon selig. Die Güter der Gnade habe ich alle in und mit Christo empfangen, und warte auf die Güter der Herrlichkeit. Weil ich aber, o mein Herr Jesu Christe, durch die Taufe mit dir gestorben und begraben bin, so hilf mir, weil ich noch im Fleisch lebe, dass ich nicht nach dem Fleisch lebe, sondern dass meine Taufe täglich in mir fruchtbar sei, und wirke die Tötung des Fleisches, dass ich täglich mit dir sterbe durch herzliche Reue und Leid. Denn wer täglich in ihm selbst stirbt, der hat allezeit einen neuen Anfang seines Lebens in dir. Und weil ich dir, mein Herr und Gott, einverleibt bin, als ein Pfropfreislein dem Baum des Lebens, so lass mich in dir, als ein Reben am lebendigen Weinstock, Frucht bringen, nicht Früchte des alten Menschen, sondern des neuen Menschen, der neuen Kreatur, Früchte des Geistes, und dass ich täglich bedenke, dass ich zu einem neuen Leben getauft bin, ja, dass ich dich habe angezogen, als ein Geschenk der ewigen Gerechtigkeit und Seligkeit, und als ein neues Leben, dadurch du in mir, und ich in dir leben und bleiben möge ewiglich; ja dass ich nimmermehr vergesse des Bundes, den du mit mir gemacht hast, denselben nicht breche, denselben nicht verleugne, weder im Herzen noch Mund, noch mit einem gottlosen Leben, sondern mich dessen jederzeit freue und tröste, und darauf wider alle Anfechtung mich sicherlich verlasse, und in diesem Bunde, welcher ewig fest und gewiss ist, auch ewig bleiben und selig werden möge. Amen.

Johann Arnd – Um die Liebe des göttlichen Worts.

O Herr Jesu Christe, du ewiges Wort des Vaters, der du uns dein heiliges Evangelium aus dem Schoß und Herzen deines himmlischen Vaters hervor gebracht und offenbart hast! ich klage und bekenne dir von Herzen, dass ich dein Wort oft gering geachtet, ungern gehört, unfleißig gelernt, nicht von Herzensgrund betrachtet, nicht rechtschaffen Lust und Liebe dazu gehabt, sondern vielmehr die weltliche Eitelkeit demselben vorgezogen; da doch dein Wort ein teures wertes Wort ist, der edelste Schatz, die höchste Weisheit, welche auch die Engel gelüstet einzuschauen. Ach vergib mir solche meine Unachtsamkeit und Verachtung deines seligmachenden Worts. Wende von mir ab die schwere Strafe, die du dräuest1androhst: Weil du mein Wort verworfen hast, will ich dich wieder verwerfen. Zünde aber in mir an ein heiliges Verlangen, einen hitzigen Hunger nach dem Brot des Lebens, als nach der edlen Seelenspeise, einen heiligen feurigen Durst nach dem Brunnen und Wasser des Lebens. Denn bei dir ist die lebendige Quelle, und in deinem Licht sehen wir das Licht. Lass diesen edlen himmlischen Samen auf dem guten Acker meines Herzens hundertfältige Früchte bringen, an Weisheit, an Erleuchtung, an Trost. Ach befeuchte das dürre Erdreich meines Herzens mit dem göttlichen Tau und Regen deines Heiligen Geistes, dass dein Wort in meinem Herzen verbleibe und nicht leer wieder zu dir komme; sondern mein Herz grünend und blühend mache in deiner Liebe, in deiner Furcht, in deinem Erkenntnis, in allen christlichen Tugenden, und alles ausrichte, dazu du es gesandt hast; dass es, als dein göttlicher unverweslicher Same, mich zum neugeborenen Kind Gottes mache; dass du, o Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist, durch dein Wort zu mir kommst und Wohnung bei mir machst. Ach gib, dass ich aus deinem Wort dich und mich recht erkenne, mein Elend und deine Barmherzigkeit, meine Sünde und deine Gnade, meine Armut und deinen Reichtum, meine Schwachheit und deine Stärke, meine Torheit und deine Weisheit, meine Finsternis und dein Licht. Ach erleuchte die Finsternis meines Herzens mit dem Glanz deines göttlichen Lichts. Erleuchte du meine Leuchte, Herr, mein Gott, mache meine Finsternis Licht. Ach schreibe dein Wort durch den Finger deines Heiligen Geistes in die Tafel meines Herzens, auch dein Erkenntnis, deine Liebe, deine Furcht, dass ichs nimmermehr vergesse, noch aus meinem Herzen verliere. Ach Herr Jesu, mein Präzeptor2Präzeptor bezeichnete im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit einen Lehrer, insbesondere einen Hauslehrer. Auch Klostervorsteher bestimmter Ordensgemeinschaften wurden als Präzeptoren bezeichnet., mein Doktor, mein Prophet, lass mich das beste Teil erwählen und mit Maria zu deinen Füßen sitzen, dein Wort lernen, den höchsten Schatz in den Schrein meines Herzens fassen, sammeln und einschließen, dass ichs ewiglich bewahre, und Frucht bringe in Geduld. Ach wohl den Menschen, die in deinem Haus wohnen, die loben dich immerdar: Wohl dem, den du erwählst und zu dir lässt, dass er wohne in deinen Höfen, der hat reichen Trost von deinem heiligen Tempel. Gib, dass ich deine teure Verheißung möge bedenken: Wer mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht sehen ewiglich. Meine Schafe hören meine Stimme. Forscht in der Schrift: denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin, und diese ists, die von mir zeugt. Wir haben ein festes prophetisches Wort, das da scheint als ein Licht in Finsternis. Mein Wort soll nicht leer wieder zu mir kommen. Es ist eine Kraft Gottes, selig zu machen, die daran glauben. Wohl dem, der Lust hat am Gesetz des Herrn, und davon redet Tag und Nacht! Gib mir, Herr, dass ich mich deines Worts freue als über allerlei Reichtum. Eröffne mir die Augen, dass ich sehe die Wunder an deinem Gesetz. Gib mir Lust zu deinen Zeugnissen, und lass sie meine Ratsleute sein. Zeige mir, Herr, den Weg deiner Rechte, dass ich sie bewahre bis ans Ende. Neige mein Herz zu deinen Zeugnissen, und nicht zum Geiz. Wende meine Augen ab, dass sie nicht sehen nach unnützer Lehre, sondern erquicke mich auf deinen Wegen, und nimm ja nicht von mir das Wort der Wahrheit. Das ist mein Trost in meinem Elend, denn dein Wort erquicket mich. Lass das meinen Schatz sein, dass ich deinen Befehl halte. Lass das mein Erbe sein, dass ich deinen Weg halte. Lehre mich heilsame Sitten und Erkenntnis. Lass das Gesetz deines Mundes mir lieber sein, denn viel tausend Stück Goldes und Silbers. Wenn dein Gesetz nicht wäre mein Trost gewesen, so wäre ich vergangen in meinem Elend. Ich habe alles Dinges ein Ende gesehen, aber dein Gebot währt ewiglich. Lass dein Wort meinem Mund süßer sein denn Honig und Honigseim. Lass deine Zeugnisse mein einiges Erbe sein, denn sie sind meines Herzens Trost. Erhalte mich durch dein Wort, dass ich lebe, und lass mich nicht zu Schanden werden über meiner Hoffnung. Lass sich meine Augen sehnen nach deinem Heil und nach dem Wort deiner Gerechtigkeit. Handle mit deinem Knechte nach deiner Gnade und lehre mich deine Rechte. Ich bin dein Knecht, unterweise mich, dass ich erkenne deine Zeugnis. Lass mir dein Wort offenbar werden, dass es mich erfreue und klug mache. Wende dich zu mir und sei mir gnädig, wie du pflegst zu tun denen, die deinen Namen lieben. Die Gerechtigkeit deiner Zeugnis ist ewig; unterweise mich, so lebe ich. Dein Heil ist ferne von den Gottlosen, denn sie achten deiner Rechte nicht. Großen Frieden haben die, so dein Gesetz lieben, und werden nicht straucheln. Herr, dein Gesetz ist ohne Wandel, und erquickt die Seele. O Herr, dein Zeugnis ist gewiss, und macht die Albernen weise. Herr, deine Befehle sind richtig, und erfreuen das Herz. Herr, deine Gebote sind lauter, und erleuchten die Augen. Herr, deine Furcht ist rein, und bleibt ewiglich. Die Rechte des Herrn sind wahrhaftig, allesamt gerecht; sie sind köstlicher denn Gold und viel feines Goldes; sie sind süßer denn Honig und Honigseim. Auch wird dein Knecht durch sie erfreuet, und wer sie hält, der hat großen Lohn.

Johann Arnd – Buße

Laß mich nicht die Hülsen und den Schein eines gottseligen Lebens erwählen, sondern hilf mir, daß ich durch tägliche Buße den alten Menschen kreuzige, am inwendigen Menschen aber erneuert werde zu deinem Bilde, daß Christus in mir wohne durch den Glauben und ich durch die Liebe in ihm eingewurzelt und gegründet sei. Laß all mein Tun aus dem Glauben gehen und in der Liebe geschehen zu deiner Ehre und meines nächsten Heil durch Jesum Christum, unsern Herrn! Amen.

Johann Arnd. – Danksagung für die Verleihung des göttlichen Wortes.

Ach du getreuer, gnädiger und barmherziger Gott! ich danke dir für die große Gnade, Liebe und Treue, die du uns armen elenden Menschen erzeiget hast durch die Offenbarung deines heiligen göttlichen Worts, und die Einsetzung deiner hochwürdigen Sacramente. Der Geist des Herrn hat durch die Propheten geredet, und seine Rede ist durch ihren Mund geschehen. Dadurch hast du dich uns zu erkennen gegeben, in welchem deinem Erkenntnis stehet das ewige Leben. Dadurch hast du uns berufen zur Gemeinschaft deiner heiligen Kirche. Dein heiliges Evangelium ist auch eine Kraft Gottes, selig zu machen alle, die daran glauben. Dadurch erweckest du in uns den Glauben, gibst uns den heiligen Geist, lässest uns Vergebung der Sünden versündigen. Dadurch empfangen wir wahrhaftigen, lebendigen Trost in allem Kreuz, in Todesnoth. Dadurch stillest du unser unruhiges Gewissen. Dadurch erfreuest du unser trauriges Herz. Dadurch speisest du unsre Seelen, als mit dem rechten Himmelsbrot. Dadurch machest du uns zu neuen Creaturen. Dadurch kommst du zu uns und machst Wohnung bei uns. Dadurch linderst du unsre Todesnoth, daß wir den Tod nicht schmecken ewiglich. Dadurch erleuchtest du unsre Seele. Dadurch regierest du und leitest uns in unserm Beruf und in dem Lauf unsers ganzen Lebens, als mit einer Leuchte auf unsern Wegen, und als mit einem Licht auf unsern Fußsteigen, daß unsre Tritte nicht gleiten. Ach Herr, wenn dein Wort nicht wäre mein Trost gewesen, so wäre ich vergangen in meinem Elende, denn es ist unsers Herzens Freude und Trost. Durch Gottes Wort werden wir geheiliget und an Leib und Seele gesegnet. Darum, o Herr, wer dein Wort verwirft, der hat dich selbst verworfen und allen seinen zeitlichen und ewigen Segen, und kann mit nichten den Segen haben, sondern den ewigen Fluch. So verhält auch der Himmel seinen Thau und das Erdreich sein Gewächs. So wird der Himmel Eisen und die Erde Erz, und ist alle Mühe und Arbeit verloren. O Herr, ich danke dir für diesen edlen und theuren Schatz, denn das Gesetz des Herrn ist ohne Wandel und erquicket die Seele. Das Zeugnis des Herrn ist gewiß, und machet die Albernen weise. Die Befehle des Herrn sind richtig, und erfreuen das Herz. Die Gebote des Herrn sind lauter, und erleuchten die Augen. Die Furcht des Herrn ist rein, und bleibet ewiglich. Die Rechte des Herrn sind wahrhaftig, allesamt gerecht. Sie sind köstlicher denn Gold und viel feines Goldes. Sie sind süßer denn Honig und Honigseim. Auch wird dein Knecht dadurch erfreuet, und wer sie hält, hat großen lohn. Dein Wort, du Allerhöchster, ist ein Brunnen der Weisheit, und das ewige Gebot ist ihre Quelle. Wer dasselbe ehret, der thut den rechten Gottesdienst; und wer es lieb hat, den hat Gott wieder lieb. Gottes Wort spricht: Ich bin wie die Cedern auf dem Libanon, und wie die Cypressen auf dem Gebirge Hermon. Ich bin aufgewachsen wie ein Palmbaum am Wasser, wie ein Rosenstock zu Jericho, wie ein schöner Oelbaum. Ich gebe einen lieblichen Geruch von mir, wie Zimmet, Myrrhen und Weihrauch. Kommet her, alle, die ihr mein begehret, und sättiget euch von meinen Früchten. Meine Predigt ist süßer denn Honig, und meine Gabe süßer denn Honigseim. Wer von mir isset, den hungert immer nach mir, und wer von mir trinket, den dürstet immer nach mir. Das ist das Buch des Bundes, mit dem höchsten Gott gemacht, nämlich das Gesetz Mose. Daraus ist geflossen die Weisheit wie der Euphrat, wenn er groß ist, wie der Jordan in der Ernte, wie der Nil im Herbst. Es ist nie gewesen, der es ausgelernet hat, und wird nimmermehr werden, der es ausgründen mag. Denn sein Sinn ist reicher, denn kein Meer, und sein Wort ist tiefer, denn kein Abgrund. Es fließen von ihm viel Bächlein in die Gärten; da werden die Bächlein zu großen Strömen, und die Ströme zu großen Wassern. Denn seine Lehre leuchtet so weit als der lichte Tag, und scheinet frühe. Auch schüttet sie Lehre und Weissagung aus, die ewig bleibet. Für diesen hohen, theuren Schatz danke ich dir, Gott Vater, Sohn und heiliger Geist, hochgelobet in Ewigkeit. Amen.

Johann Arnd – Danksagung für die holdselige Menschwerdung und Geburt unsers Herrn Jesu Christi.

Ach du holdseliger, freundlicher, leutseliger Gottessohn, Jesu Christe, du getreuer Liebhaber des menschlichen Geschlechts! dir sei ewig Lob, Ehre und Dank für deine gebenedeiete Menschwerdung und Geburt, und für deine große Liebe und Freundlichkeit, daß du unser Fleisch und Blut an dich genommen, unser Bruder worden bist, und uns alle so hoch geehret, daß wir durch dich sind Gottes Kinder und Gottes Geschlecht worden. Du großer König, Herr aller Herren, du höchster, mächtigster, gewaltigster, reichster Herr! wie hast du dir vermählet die niedrige, schwache, elende, armselige, menschliche Natur! wie hast du dieselbe so hoch erhöhet, daß du sie in Einigkeit deiner Person in den Thron und Rath der heiligen göttlichen Dreieinigkeit gebracht und gesetzet hast, also, daß du, wahrer Gott und Mensch, die andere Person bist in der heiligen Dreieinigkeit! Du hast menschlichen Leib und Seele an dich genommen, auf daß du uns an Leib und Seele hülfest und selig machtest. Die menschliche Natur war ganz verderbet durch die Sünde; siehe, wie ist sie in dir so hoch gereiniget und geheiliget! sie war verflucht; siehe, wie ist sie in dir so hoch gesegnet, du gebenedeiete Frucht des jungfräulichen Leibes, du Gesegneter des Herrn, in welchem alle Völker auf Erden gesegnet werden! Menschliche Natur war von Gott abgerissen; siehe, wie ist sie in dir so hoch mit Gott vereiniget! Menschliche Natur war vom Satan geschändet; siehe, wie ist sie in dir so hoch geehret! Sie war unter dem Zorn Gottes; siehe, wie ist sie in dir so hoch geliebet! Ach wie kann nun Gott mit uns zürnen, wie kann er unser Feind sein, wie kann er uns verderben, so wir doch sein Fleisch und Blut sind? Niemand hat jemals sein eigen Fleisch gehasset. Wenn Gott ein Menschenfeind wäre, so wäre Gottes Sohn nicht Mensch worden. Gleichwie nun das Band der Vereinigung göttlicher und menschlicher Natur unauflöslich ist in alle Ewigkeit: also hat Gott mit uns durch die Menschwerdung seines lieben Sohns eine ewige Verbündnis gemacht, eine ewige Freundschaft, ewige Liebe gestiftet, eine ewige Verwandtschaft, ewige Vereinigung, ewige Versöhnung, ewige Kindschaft, ewige Brüderschaft, ewigen Frieden zwischen Gott und Menschen. Darum bist du, ewiger Gottessohn, unser Mittler worden, und hast beiderlei Naturen, göttliche und menschliche, auf daß du zwischen Gott und uns handeln könntest, Gott versöhnen, unsre Noth erkennen, und uns trösten könntest. Ach du bist doch eitel Liebe, eitel Gnade, eitel Trost. Du bist das rechte Licht, das uns erleuchtet; der rechte Weg, der uns zum Vater führet; die ewige Wahrheit, die uns lehret; das ewige Leben, das uns lebendig macht; die ewige Liebe, dadurch Gottes Liebe zu uns kommt mit allen Gnadenschätzen; die ewige Gerechtigkeit in deinem Verdienst, dadurch wir selig werden; unser ewiger Hoherpriester, der uns segnet, der für uns bittet, der sich selbst für uns geopfert zum Versöhnopfer, zum Schuldopfer, zum Friedeopfer; die vollkommene Zahlung und Genugthuung für unsre Sünde; ein gleichgeltendes, ja überflüssiges Lösegeld für unsre Missethat. Auf daß wir leben möchten, ist er das Leben selbst worden. Auf daß wir erleuchtet würden, ist das Licht selbst Mensch worden. Auf daß wir Trost hätten in unserm Elende, ist der Brunnen alles Trostes vom Himmel in dies Jammerthal geflossen. Auf daß wir Gottes Kinder würden, ist Gottes Sohn Mensch worden. Auf daß wir selig würden, ist das Heil selbst Mensch worden. Ach wie lieblich bist du mit deiner Gegenwart und Gemeinschaft, wie schön in deiner Gestalt, wie holdselig in Gebärden, wie freundlich in deiner Rede, du Schönster unter den Menschenkindern! Ach mein Freund, komm zu mir in mein Herz; mein Bruder, verschmähe mich nicht; mein Liebhaber, weiche nicht von mir; mein Bräutigam, umfahe mich mit einem freundlichen Kuß; mein Herzlieb, vereinige dich mit mir; meine Liebe, schließ mich in dein Herz und behalte mich ewig darin. Meine Liebe ist Mensch worden, meine Liebe ist gekreuziget und für mich gestorben, auf daß sein Leben und Tod mich seiner Liebe versichre, mich mit ihm vereinige, daß ich in seiner Liebe lebe und sterbe, Ruhe, Frieden, Trost, Sicherheit und ewige Seligkeit haben möge. Amen.

Johann Arnd

O Jesu, pflanze uns als Zweige in dich, den Baum des Lebens, und lasse uns mit dir wie die Reben mit ihrem Weinstock verbunden sein. Denn so erlangen wir allerlei göttliche Kraft, was wir brauchen zum göttlichen Leben und Wandel, und werden erfüllt mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch dich geschehen in uns zum Lobe und Preise deines göttlichen Namens. Amen.