Johann Friedrich Stark – Dank- und Opfergebet

Herr, Herr Gott, der du deinem Volke Israel anbefohlen, dir täglich Opfer zu bringen, welche dir mußten ganz geheiliget und übergeben werden: siehe, ich bringe dir mein gläubiges und bußfertiges Herz, das wirst du nicht verachten.
Du hast mich, o himmlischer Vater, erschaffen, daß ich soll sein dein Eigenthum. Du hast mich, o liebster Jesu, erlöset mit deinem Blut, daß ich in deinem Reich soll leben und dir dienen in Heiligkeit und Gerechtigkeit. Du hast mich, o werther heiliger Geist, geheiliget, daß ich soll sein deine Wohnung, und daß Christus in mir lebe. O darum will ich mich dir auch wiederum ganz und gar opfern und ergeben.
Ich opfre dir auf meinen Willen: ich will nun nicht mehr vollbringen, was ich will, sondern was du willst. Ich opfre dir auf meinen Mund: damit will ich dich loben und preisen, und ihn niemals mehr zu schandbaren Worten und Narrentheidingen mißbrauchen. Ich opfre dir auf mein Herz: das erfülle mit einem lebendigen Glauben, mit deiner Gnade und deiner Liebe. Ist es gleich ein von Natur unreines und zum Opfer untüchtiges Herz, ach so wasche es mit dem Blute Jesu Christi, welches ich in wahrem Glauben annehme. Ach, reinige du es selbst durch deinen heiligen Geist, heilige es dir zur Wohnung, daß du darin regierest und herrschest. Ich opfre dir auf mein Leben: das will ich nach deinem Wort, nach dem guten Trieb des heiligen Geistes führen. Ich opfre dir auf mein Leben: das will ich nach deinem Wort, nach dem guten Trieb des heiligen Geistes führen. Ich opfre dir auf meine Glieder: hilf daß sie mögen werden Waffen und Werkzeuge der Gerechtigkeit, daß ich sie nicht zur Sünde und Schande mißbrauche, sondern daß sie dir mögen geheiliget bleiben.
Wie das Geopferte mit niemand durfte mehr Gemeinschaft haben, so will ich mich auch gerne von der Welt absondern und von ihrer Gesellschaft wegbleiben. Ja, ich will mich dir aufopfern, weil ich noch lebe und gesund bin, und nicht erst auf meinem Krankenbette, denn da möchte es zu spät sein. Gib mir in dem Allen die Kraft deines heiligen Geistes. Amen.

Johann Friedrich Stark – In der Todesstunde

Ach barmherziger, gütiger Gott, hilf mir in meinen Leiden und in meiner Todesstunde;: o mein Gott, du bist ja allezeit mein gnädiger Gott und mein Beistand gewesen, ach bleibe es auch jetzt. O Jesu! bleibe bei mir, es will Abend werden, und der Tag meines Lebens hat sich geneiget. O werther heiliger Geist! stärke mich, erhalte mich in festem Glauben bis an mein Ende, erleuchte mich zum ewigen Leben. Ich will auf Jesu Blut und Wunden sterben: dem lebe ich, dem sterbe ich, auf sein Verdienst verlasse ich mich.

Johann Friedrich Stark – Liebe Gottes

Der Herr ist bei mir, darum fürchte ich mich nicht. Du bist mein Hort, mein Fels, meine Burg und mein Erretter. Also seufze ich, mein Gott! in meiner jetzigen Betrübniß und Angst der Seele. Ach Herr, Herr! du weißt ja wohl, wie weh mir ums Herz ist, wie voller Leiden und Schmerzen ich bin. Aber ich weiß auch, daß mich diese Noth nicht unterdrücken wird, wenn du mir beistehst. Ach! verbirg doch dein Angesicht nicht länger vor mir. Du hast mir von Jugend auf viel Liebes und Gutes erwiesen; ach! mit solcher Liebe umfasse mich auch jetzt in der Betrübniß meiner Seele. Ein Schäflein flieht, wenn es gejagt wird, zu seinem Hirten; ein Kind, wenn es geängstet wird, geht zu seinem Vater; darum komme ich auch, mein Hirte und mein Vater! zu dir. O großer Gott! du hast mir deinen Beistand versprochen, ich bin bei dir in der Noth, ich will dich herausreißen; fürchte dich nicht, ich bin bei dir, weiche nicht, ich bin dein Gott, ich stärke dich, ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit; ich will dich nicht verlassen, noch versäumen. Nun, o großer Gott! jetzt habe ich Hülfe vonnöthen, jetzt stehe mir bei, jetzt weiche nicht von mir, jetzt verlaß mich nicht. Umfasse mich mit deinen Liebes-Armen, erhalte mich, daß ich nicht sinke, erquicke mich in meinem Leiden, laß mich hören Freud und Wonne, daß die Gebeine fröhlich werden, die du zerschlagen hast. Beweise auch an mir, was Andere so vielfältig von deiner Liebe und Güte rühmen, damit ich mit ihnen deinen großen Namen preisen möge. O du Gott der Liebe! versiegle den Trost in meinem Herzen, du habest mein nicht vergessen, so wenig wie ein Vater seines Kindes vergessen kann. Treuer Vater! siehe, dein Kind ist betrübt, erfreue es, es ist voller Angst, erbarme dich und hilf ihm. Ich will, dieweil ich lebe noch, das Kreuz dir fröhlich tragen nach, mein Gott, mach mich dazu bereit, es dient zum Besten allezeit, Amen.

Johann Friedrich Stark – Barmherzigkeit Gottes

O du barmherziger Gott! dessen Barmherzigkeit kein Ende hat, dessen Güte alle Morgen neu wird; siehe, ich bekümmerte und betrübte Seele trete vor dein allerheiligstes Angesicht, und schütte meinen großen Kummer und betrübtes Herz vor dir aus. Dir ist ja wohl bekannt mein Jammerstand und großes Elend, das mich getroffen hat, meine Seele ist betrübt, mein Geist geängstet, und Leiden hat mich umgeben ohne Zahl. Ich sehe mich um nach Helfern. Menschen wollen sich theils meiner nicht annehmen, theils wissen sie meine Noth nicht, theils mag ich es auch nicht offenbaren, aber dir, o Gott! klage ich es mit betrübtem Herzen, ich wiß, du bist barmherzig, und lässest dich unser Elend jammern. Es jammerte dich der betrübten Wittwe, die da weinte um ihr Kind; es jammerte dich des Volks, welches nichts zu Essen hatte, und dein Jammer war mit dem Erbarmen und Helfen verknüpft. O darum komme ich zu dir und spreche: ach erbarme dich über mich! Ach Gott! ich bin dein Geschöpf, darum wirst du das Werk deiner Hände nicht lassen. Ja, ich bin mehr, ich bin auch dein Kind, das du in der heiligen Taufe in die Arme deiner Barmherzigkeit aufgenommen hast, darum spreche ich: ach mein Vater! erbarme dich deines armen und verlassenen Kindes. Mein Jesu! ich bin ja mit deinem heiligen Blut erkauft: darum wirst du dich deines Eigenthums erbarmen. O du werther heiliger Geist! lege das Zeugniß in meine Seele, daß ich bei allem meinem Leiden dennoch ein Kind Gottes sey, und wenn ich im Beten matt werde, und fast nicht mehr beten kann, so schreie du in mir das Abba lieber Vater; siehe, ich sinke, ach biete mir deine Hand! ach Herr! nach deiner großen Barmherzigkeit stärke meinen Glauben, erhalte mich in meinem Elend, gieb mir alle Tage neue Kräfte, daß mein Glaube nicht aufhören, daß meine Hoffnung nicht sinken, noch mein Vertrauen auf dich schwach werden möge. Du hast mich ja noch niemals verlassen; ach! so verlaß mich jetzt auch nicht, hilf deinem Kinde, das zu deiner Barmherzigkeit allein seine Zuflucht nimmt. Ach! ich kenn‘ sein Vaterherz, er ist schon auf Hülf bedacht, meine Trübsal, Angst und Schmerz, und was mich sonst traurig macht, wird sich alsdann sogleich wenden, wenn er mir wird Hülfe senden, drum mein Vater! komm zu mir. Herz und Auge thränt nach dir, Amen.

Johann Friedrich Stark – Bitte um Geduld

Herr, mein Gott! mein Seufzen ist dir nicht verborgen, und mein Elend und Jammer ist dir wohl bekannt; dieß ist mein Trost, daß ich weiß, es komme von geliebten Händen; ich habe es mir nicht gemacht, sondern du hast es mir aufgelegt; hast du es mir aufgelegt, so hilf mirs tragen. Und weil die Geduld auch gehört unter die guten Gaben, die von oben herab kommen, von dem Vater des Lichts, ach, so verleihe mir dieselben nach deiner Barmherzigkeit. Wenn du mich stärkst, wenn du mir hilfst und beistehst, so kann ich Alles, so vermag ich Alles, so wird es mir nicht schwer werden; ich vermag Alles durch den, der mich mächtig macht, Christus. Greif mich auch nicht zu heftig an, damit ichs kann ausstehen. Habe Geduld mit meiner Schwachheit, stärke die müden Hände, erhalte die strauchelnden Kniee, sage meinem verzagten Herzen: dein Jesus ist bei dir, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und Helfer. Ja, wenn du hilfst, so ist mir geholfen; darum hilf mir, o mein Heil! Stelle doch meiner Seele vor, es sey dein heiliger Wille, daß ich also leiden, und mein Kreuz tragen soll; darauf ich mich denn mit Freuden entschließe, und sage: Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe. Stelle mir vor deine Liebe, daß du mich unter dem kreuz und in der Betrübniß liebest, daß mein Leiden nur eine kleine Zeit dauern werde, ja daß dieser Zeit Leiden nicht werth sey der Herrlichkeit, die an uns soll offenbar werden. Hilf, daß ich erwäge, daß du mein gnädiger Gott und liebreicher Vater seyest, daß dieses Kreuz nicht sey ein Zeichen des Zorns, sondern der Gnade. Stelle meiner Seele vor das Exempel der Geduld meines lieben Heilandes Jesu Christi, der alles geduldig auf sich nahm. Gieb, daß ich ihm in solcher Gelassenheit durch deine Gnade nachfolge; gieb, daß ich mit dulde und leide, damit ich auch mit zur Herrlichkeit erhaben werde. Laß mein Kreuz dein Wort nicht aus meinem herzen reißen, meinen Glauben nicht schwächen, und das Gebet verhindern, sondern gieb mir neue Kraft und neuen Muth, wann ich einen Sturm ausstehen muß, oder ausgestanden habe. Ja stelle mir vor, daß mich deine Hülfe bald erfreuen, und dein kräftiger Beistand mich erquicken werde. Du bist mein Fels, meine Burg, mein Hort, mein Schild, meine Kraft, sagt mir dein Wort, meine Hülf, mein Heil, mein Leben, mein starker Gott in aller Noth, wer mag dir widerstreben? Amen.

Johann Friedrich Stark – Dank für Gesundheit

O du gnädiger und barmherziger Gott! wie groß ist deine Liebe und Güte, die du an mir erweisest, indem du mich nicht allein in deinem Schutz und Gnade erhältst, sondern auch ein Jahr nach dem andern in guter Gesundheit vollenden und wieder anfangen lässest. Nun mein Gott! ich erkenne, daß dieses ist eine der guten Gaben, welche von dir, o Vater des Lichts! von oben herab kommen. Herr, Herr! wer bin ich, daß du mir solche Barmherzigkeit widerfahren lässest? Sehe ich doch täglich vor meinen Augen Menschen, die kränklich, elend und schwach sind. Höre ich doch viele klagen, daß sie in großen Schmerzen und langwieriger Krankheit auf dem Krankenbette ihr Leben hinbringen müssen, welche vielleicht viel gottesfürchtiger und frömmer sind, als ich, und viel andächtiger beten, als ich, mir aber giebst du gute Gesundheit, Kraft und Stärke. Ach Herr! ich bin allzu gering deiner Barmherzigkeit, die du bisher an mir gethan hast, und noch thust. Bewahre mich, o lieber Gott! daß ich diese edle Gabe der Gesundheit nicht mißbrauche zur Ueppigkeit, Wollust, Hoffart und Frechheit, sondern gieb mir wohl zu erkennen, daß du mich dadurch willst aufmuntern zur Dankbarkeit und Frömmigkeit. Hilf, daß ich Zeit meines Lebens meine Gesundheit anwende zu deinem Lob und Ehren, zu Nutz meines Nächsten und Vollbringung der Geschäfte meines Berufs. Erhalte mir nach deinem heiligen Rath und Willen meine Gesundheit und geraden Glieder, damit ich ungehindert und eifrig dein Haus besuchen, und in deinem Tempel Lob- und Dank-Lieder anstimmen könne. O mein Gott! gieb mir auch Kraft und Stärke, an dem inwendigen Menschen zuzunehmen, daß ich gesund sey im Glauben, brünstig im Geist, geduldig in Trübsal, andächtig im Gebet, aufrichtig in der Liebe gegen dich und den Nächsten, christlich im Leben, fröhlich in der Hoffnung, und getrost im Tode. Ach! heilige mich, segne mich, und dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn. O Gott! du frommer Gott! du Brunnquell aller Gaben, ohn den nichts ist, was ist, von dem wir alles haben, gesunden Leib gieb mir, und daß in solchem Leib, ein unverletzte Seel und rein Gewissen bleib, Amen.

Johann Friedrich Stark – Bitte um Liebe zu Gott

O du liebreicher, gnädiger Gott! du bist allein liebenswürdig, dich, dich sollte ich billig allein von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von allen Kräften lieben. Ach! ich klage und bekenne vor dir mit größter Betrübniß meiner Seele, wie die Liebe zu dir, meinem liebreichen Vater, zu Jesu, meinem Erlöser und Seligmacher und zu dm heiligen Geist, meinem Lehrer und Führer, nicht allein durch die Erbsünde in mir erloschen, sondern daß ich auch deiner rufenden und wirkenden Gnade nicht allezeit Platz gebe, damit wiederum eine wahre Liebe zu dir in meinem Herzen angezündet würde. Ich bitte dich, ändre doch mein Herz, reiß aus demselben alle Welt- und Sünden-Liebe, und laß in meinen Ohren erklingen die Worte: habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist, denn so Jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters. Vertilge aus mir alle Liebe zur Fleisches-Lust, Augen-Lust und hoffärtiges Leben, dazu ich leider von Natur geneigt bin, und zünde durch deinen heiligen Geist in mir an eine wahre Liebe zu dir, daß ich dich, als das höchste Gut, um dein selbst willen allein lieben, und alle Eitelkeit fliehen möge. Denn, will ich ein rechtes Kind Gottes seyn, so muß die Sündenwelt und eigene Liebe zum Herzen hinaus, und du mußt über Alles allein geliebet werden. Darum komme ich, mein Gott! zu dir, und bitte dich, ach! gieb mir deinen heiligen Geist, der diese christliche Tugend in mein Herz pflanzen möge, in dessen Kraft will ich dich meinen Gott von Herzen und beständig lieben, meine Seele soll an dich denken, mein Mund soll von dir reden, du sollst mir lieber seyn, als alle Welt und Weltfreude, als alles Glück und Herrlichkeit. Aus Liebe zu dir will ich aufhören, wissentlich zu sündigen, aus Liebe zu dir will ich mich aller sündlichen Gesellschaft entschlagen, aus Liebe zu dir will ich anfangen, recht fromm zu werden, und allein nach deinem Willen und Leben einrichten, dich will ich ehren und fürchten, dir dienen, folgen und gehorchen. Ach, du liebreicher Gott! entzünde diese Liebe in meinem Herzen, je mehr und mehr, daß sie bis an mein seliges Ende dauern möge. Gieb mir Muth, wenn ich um deiner Liebe willen etwas leiden soll, und stärke mich alsdann durch deinen mächtigen Beistand. Ach! laß mich in Liebe mit dir vereinigt seyn in Zeit und Ewigkeit. Ich liebe dich, o lieber Gott! ja dich um deinetwillen; nichts in der Welt, nicht Lust, nicht Spott soll meine Liebe stillen; und sollt kein Höll und Himmel seyn, was mich zur Liebe triebe, so wärst du mir genug allein, warum ich dich nur liebe, Amen.

Johann Friedrich Stark – Bitte um Nächstenliebe

Ach du liebreicher Gott! der du uns herzlich liebst, aber uns auch anbefohlen hast, daß wir unsern Nächsten mit gleicher Liebe umfassen sollen, wie du uns liebst. Ach! ich klage dir, wie mein Herz zu solcher aufrichtigen und wahren Liebe gegen meinen Nächsten sich noch nicht recht hat wollen bringen lassen. Ich sollte meinen Nächsten nach deinem Gebot lieben als mich selbst, ich sollte, wenn du ihm Glück, Gesundheit, Wohlergehen giebest, mich freuen, als ob es mir selbst widerfahren wäre. Ich sollte meinen Feind, der mich hasset, schmähet, verfolget, drücket, herzlich lieben, ihm Gutes wünschen, ja ihm viel Segen, Gedeihen und Glückseligkeit an Leib und Seele von dir erbitten. Aber du allwissender Gott! siehest und weißest, wie mein Herz von diesen Pflichten entfernt ist, wie leider! wenn du meinem Nächsten wohl thust, ihm Glück, Ehre und Wohlthaten darreichst, mir aber nicht, daß ich darüber scheel sehe, daß du so gütig gegen ihn bist. Du siehest, o allwissender Gott! wie das Bitten für meine Feinde so träge und gering ist. Ach, mein Gott und Vater! ich erkenne daraus das Elend und Verderben, darin ich noch stecke, und wie ich noch nicht in solchem Stande der wahren Jünger und Jüngerinnen Jesu bin, wie ich billig seyn sollte, welche man daran erkennen wird, daß sie Liebe unter einander haben, nicht allein gegen gute Freunde und Wohlthäter, sondern auch gegen Neider, gegen Feinde und Verfolger. Darum bitte ich dich, ach ändre doch mein rachgieriges und deinem heiligen Willen widerspenstiges Herz, daß ich durch deine Gnade meinen Nächsten herzlich und aufrichtig lieben möge, als mich selbst. Verleihe mir Kraft und Stärke, daß mich meinem Nächsten gerne und mit Freuden das gönne, was du ihm giebst, und nicht deßwegen betrübt drein sehe, wenn du mich nicht mit gleicher Wohlthat erfreuest. Behüte mich vor aller Falschheit gegen ihn, daß ich mich nicht etwa freundlich stelle mit Worten, wie Judas ihn küsse, und doch verrathe, sondern daß ich es aufrichtig mit ihm meine. Und so ich ja muß der Feinde Verfolgung, Schmähung und Unrecht erfahren, so gieb mir Kraft, daß ich es mit Sanftmuth überwinde, nichts Böses mit Bösem, oder Scheltwort mit Scheltwort vergelte, sondern dagegen ihnen Segen und alles Gute anwünsche. Herr mein Gott! du siehest, wie dem Fleisch und Blut diese Pflicht so schwer ankommt, aber durch deine Gnade und Beistand wird es mir möglich werden. Laß mich an andern üben, was du an mir gethan, und meinen Nächsten lieben, gern dienen Jedermann, ohn Eigennutz und Heuchelschein, und wie du mirs erwiesen, aus reiner Lieb allein, Amen.

Johann Friedrich Stark – Bitte um Demut

Großer, heiliger und barmherziger Gott! der du bist der Hohe und Erhabene, vor dessen Thron alle Auserwählten in Demuth ihr Antlitz bedecken; ich bekenne und klage dir, daß ich von Natur zu eigener Ehre und zum Hochmuth geneigt bin. Es hat durch den Sündenfall der Satan mein Herz mit Hoffart, welche ein Anfang aller Sünde ist, vergiftet, daß ich oft vergesse, daß ich Staub und Asche bin. Ach mein Gott! gieb mir doch ein demüthig Herz, daß ich recht tief einsehen möge, wie ich von dir Leben, Segen, Odem und alles habe, damit ich mich unter deiner gewaltigen hand demüthigen, und nicht freventlich dich mit Worten, Gedanken oder Werken beleidigen möge. Lehre mich mein Elend und deine hohe Majestät erkennen, daß ich von mir nichts habe, als Sünde, Tod und Verdammniß, was ich aber Gutes an mir finde, daß ich solches empfangen habe, damit ich mit nichts prange, sondern alles als dein Geschenk ansehe, welches du mir bald wieder nehmen kannst, wenn ich deiner vergessen wollte. Pflanze die wahre Demuth in mein Herz, daß ich dir gehorchen, dich fürchten, ehren, dir dienen, dich anbeten, und allein loben und preisen möge. Pflanze auch in mein Herz die wahre Demuth gegen meinen Nächsten, daß ich ihn niemals gegen mich verachten, oder mich ihm vorziehen möge. Hilf, daß ich erwäge, wie dir die Hoffärtigen noch nie gefallen, aber daß du auf die demüthige Seele dein Licht, Trost, Gnade und Güte hast reichlich fließen lassen, wende von mir ab alle hoffärtigen Gedanken, gieb, daß ich mich hüte vor stolzen Worten, bewahre mich vor Ehrgeiz, Ruhmredigkeit, daraus nichts als Verachtung gegen den Nächsten entspringt. Drücke in mein Herz das Bild meines demüthigen Heilandes, der sich unter Engel und Menschen erniedrigt hat. Ist mein Nächster gering, so behüte mich, daß ich mich nicht über ihn erhebe; ist mein Nächster hoch, reich, geehrt, so laß mich dieses also ansehen, daß du ihn dazu gemacht, dazu erhoben, und dazu berufen habest, und mich darüber gegen dich nicht beschweren, oder ihm deine Gaben mißgönnen, vielmehr mich darüber erfreuen möge. Gieb mir deinen heiligen Geist, daß ich der Sünde des Hochmuths täglich absterbe, mich keiner Ehre würdig achte, und von Niemand Ehre begehre, sondern alle Ehr, allen Ruhm dir allein beilege. Gieb mir in wahrer Niedrigkeit des Herzens zu erkennen, daß alles, was ich bin und habe, durch deine Gnade mir gehöre, daß ich mich nichts als meiner Schwachheit rühme. Lehre mich durch solche Demuth in Frieden und Einigkeit mit Jedermann leben. Lasse mein Herz allezeit eine Wohnung des demüthigen Jesu seyn, so werde ich mich niemals erheben. Stolz und Hochmuth ist des Satans Sünd, davor bewahre mich in Gnaden. Und so dir ja gefallen sollte, mein Gott! mich in Spott und Verachtung fallen zu lassen, so gieb mir Kraft und Stärke, daß ich alles mit Demuth, Gelassenheit und Geduld ertragen möge, auch dieses zu meiner Demüthigung und desto größeren Behutsamkeit in meinem Wandel mir dienen lasse. Herr, Herr! verleihe mir Kraft und Stärke, durch deinen mächtigen Beistand dieses alles zu vollbringen. Selig sind die Demuth haben und sind allzeit arm im Geist, rühmen sich gar keiner Gaben, daß Gott wird allein gepreist, danken dem auch für und für, denn das Himmelreich ist ihr: Gott wird dort zu Ehren setzen, die sich selbst gering hie schätzen, Amen.

Johann Friedrich Stark – Bitte um Sanftmut

O du liebreicher Gott! der du die Liebe selbst bist, und willst deine Liebe in mein Herz ausgießen durch den heiligen Geist. Ach! ich klage dir mit betrübter Seele, daß mein Herz oft gar widerspenstig und unbändig ist. Es sollen in demselben Demuth, Liebe, Sanftmuth und Gelassenheit seyn; aber ach! ich finde leider statt dieser christlichen und nothwendigen Tugend: Eigensinn, Haß, Zorn, Rachgier, Feindschaft, durch welche ich angetrieben werde, wieder zu schelten den, der mich schilt, Böses zu vergelten dem, der mit Unrecht thut, und Rache an dem auszuüben, der mich unbilliger Weise angegriffen hat. Wenn ich aber, o Gott! aus deinem heiligen Worte weiß, daß, die solches thun, nicht sollen ins Reich Gottes kommen, und daß dergleichen Aufführung gegen die Feinde nicht sey der Kinder Gottes und der wahren Christen Art: ach! so erschrecke ich über mich selbst, daß ich noch des Teufels Unart an mir habe, welcher rachgierig, boshaftig und unversöhnlich ist, und bitte dich, erbarme dich meiner, o du liebreicher Gott! und gieb mir deinen heiligen Geist, der mein Herz heilige und reinige von aller Bosheit und Rachgier. Hilf, daß ich allezeit sehen möge auf das Exempel meines Jesu, welcher nicht wieder schalt, da er gescholten wurde, und niemals seinen Feinden drohete, daß er sich an ihnen künftig rächen wollte, da er litt, stellte aber vielmehr alles dem heim, der da recht richtet. Ach! gieb mir auch einen solchen stillen, sanftmüthigen und friedfertigen Sinn, daß ich keinen Groll und Haß in meinem Herzen behalte, und die Sonne über meinem Zorn nicht untergehen lasse. Verleihe mir Kraft und Stärke, daß ich möge seyn wie ein Tauber, der nicht höret, und wie ein Stummer, der seinen Mund nicht aufthut, zur Zeit, wenn mich mein Feind schmähet. Hingegen gieb Gnade, daß ich mich freue, wenn es ihm wohl geht, ihm alles Gute wünsche, ja ihm gern helfe, und wohl thue, wenn es ihm übel gehen sollte. Bewahre mich, daß ich keine Feindschaft weder in Worten, Gebärden und Werken spüren lasse, sondern wie gegen Jedermann, so auch gegen meine Feinde in dem Herzen sey mitleidig, mit Worten freundlich und aufrichtig, mit Gebärden holdselig, und mit Werken wohlthätig, damit durch meine Unversöhnlichkeit mein Gebet nicht verhindert, und all mein Gottesdienst und Andacht nicht verwerflich werde. Gieb, daß ich von Herzen verzeihe und vergebe meinen Schuldigern, wie ich will, daß du mir meine Fehler und Missethaten verzeihen sollst, daß ich nicht täglich wider mich selbst beten möge. Laß auf mich den Segen kommen, welchen du den Sanftmüthigen verheißen hast. Selig sind die Sanftmüthigen, denn sie werden das Erdreich besitzen. Bezwinge in mir durch deinen Geist die wider diese Tugend aufsteigende Lust, damit ich als dein Kind glaube, lebe und sterbe, und dermaleins durch deine Gnade in die Häuser des Friedens versetzt werde. O Seele! schaue Jesum an, hier kannst du recht erkennen, was wahre Demuth heißen kann, und was wir Sanftmuth nennen, er stellet sich zum Uster dar: wie Jesus nun gesinnet war, so sey du auch gesinnet. Das Böse sucht er alsobald mit Gutem zu vergelten, man hörte, wenn die Welt ihn schalt, ihn niemals wieder schelten; er giebt es seinem Vater hin, so sanft ist deines Jesu Sinn, so sey du auch gesinnet, Amen.