Johann Arnd – Danksagung für die holdselige Menschwerdung und Geburt unsers Herrn Jesu Christi.

Ach du holdseliger, freundlicher, leutseliger Gottessohn, Jesu Christe, du getreuer Liebhaber des menschlichen Geschlechts! dir sei ewig Lob, Ehre und Dank für deine gebenedeiete Menschwerdung und Geburt, und für deine große Liebe und Freundlichkeit, daß du unser Fleisch und Blut an dich genommen, unser Bruder worden bist, und uns alle so hoch geehret, daß wir durch dich sind Gottes Kinder und Gottes Geschlecht worden. Du großer König, Herr aller Herren, du höchster, mächtigster, gewaltigster, reichster Herr! wie hast du dir vermählet die niedrige, schwache, elende, armselige, menschliche Natur! wie hast du dieselbe so hoch erhöhet, daß du sie in Einigkeit deiner Person in den Thron und Rath der heiligen göttlichen Dreieinigkeit gebracht und gesetzet hast, also, daß du, wahrer Gott und Mensch, die andere Person bist in der heiligen Dreieinigkeit! Du hast menschlichen Leib und Seele an dich genommen, auf daß du uns an Leib und Seele hülfest und selig machtest. Die menschliche Natur war ganz verderbet durch die Sünde; siehe, wie ist sie in dir so hoch gereiniget und geheiliget! sie war verflucht; siehe, wie ist sie in dir so hoch gesegnet, du gebenedeiete Frucht des jungfräulichen Leibes, du Gesegneter des Herrn, in welchem alle Völker auf Erden gesegnet werden! Menschliche Natur war von Gott abgerissen; siehe, wie ist sie in dir so hoch mit Gott vereiniget! Menschliche Natur war vom Satan geschändet; siehe, wie ist sie in dir so hoch geehret! Sie war unter dem Zorn Gottes; siehe, wie ist sie in dir so hoch geliebet! Ach wie kann nun Gott mit uns zürnen, wie kann er unser Feind sein, wie kann er uns verderben, so wir doch sein Fleisch und Blut sind? Niemand hat jemals sein eigen Fleisch gehasset. Wenn Gott ein Menschenfeind wäre, so wäre Gottes Sohn nicht Mensch worden. Gleichwie nun das Band der Vereinigung göttlicher und menschlicher Natur unauflöslich ist in alle Ewigkeit: also hat Gott mit uns durch die Menschwerdung seines lieben Sohns eine ewige Verbündnis gemacht, eine ewige Freundschaft, ewige Liebe gestiftet, eine ewige Verwandtschaft, ewige Vereinigung, ewige Versöhnung, ewige Kindschaft, ewige Brüderschaft, ewigen Frieden zwischen Gott und Menschen. Darum bist du, ewiger Gottessohn, unser Mittler worden, und hast beiderlei Naturen, göttliche und menschliche, auf daß du zwischen Gott und uns handeln könntest, Gott versöhnen, unsre Noth erkennen, und uns trösten könntest. Ach du bist doch eitel Liebe, eitel Gnade, eitel Trost. Du bist das rechte Licht, das uns erleuchtet; der rechte Weg, der uns zum Vater führet; die ewige Wahrheit, die uns lehret; das ewige Leben, das uns lebendig macht; die ewige Liebe, dadurch Gottes Liebe zu uns kommt mit allen Gnadenschätzen; die ewige Gerechtigkeit in deinem Verdienst, dadurch wir selig werden; unser ewiger Hoherpriester, der uns segnet, der für uns bittet, der sich selbst für uns geopfert zum Versöhnopfer, zum Schuldopfer, zum Friedeopfer; die vollkommene Zahlung und Genugthuung für unsre Sünde; ein gleichgeltendes, ja überflüssiges Lösegeld für unsre Missethat. Auf daß wir leben möchten, ist er das Leben selbst worden. Auf daß wir erleuchtet würden, ist das Licht selbst Mensch worden. Auf daß wir Trost hätten in unserm Elende, ist der Brunnen alles Trostes vom Himmel in dies Jammerthal geflossen. Auf daß wir Gottes Kinder würden, ist Gottes Sohn Mensch worden. Auf daß wir selig würden, ist das Heil selbst Mensch worden. Ach wie lieblich bist du mit deiner Gegenwart und Gemeinschaft, wie schön in deiner Gestalt, wie holdselig in Gebärden, wie freundlich in deiner Rede, du Schönster unter den Menschenkindern! Ach mein Freund, komm zu mir in mein Herz; mein Bruder, verschmähe mich nicht; mein Liebhaber, weiche nicht von mir; mein Bräutigam, umfahe mich mit einem freundlichen Kuß; mein Herzlieb, vereinige dich mit mir; meine Liebe, schließ mich in dein Herz und behalte mich ewig darin. Meine Liebe ist Mensch worden, meine Liebe ist gekreuziget und für mich gestorben, auf daß sein Leben und Tod mich seiner Liebe versichre, mich mit ihm vereinige, daß ich in seiner Liebe lebe und sterbe, Ruhe, Frieden, Trost, Sicherheit und ewige Seligkeit haben möge. Amen.