Hofacker, Ludwig – Gebet vor der Beichte.

O allwissender, allgegenwärtiger Gott und Heiland! Nun bin ich im Begriff, mich vor Dir und den Menschen als einen Sünder darzustellen, der sein böses Herz und Leben bekennt und Gnade und Frieden in deiner blutigen Versöhnung sucht. Aber nun bitte ich dich von ganzem Herzen: lass keine Heuchelei, keine Tücke, noch Falschheit über mich herrschen, sonst weiß ich ja zum Voraus, dass ich mit aller Andacht ein Gräuel vor deinen Augen bin. Ach wecke mein Gewissen auf, wenn es noch schlafen sollte; zermalme und zerschmelze mein Herz, dass es weich werde, wenn es noch hart und kalt ist. Demütige meinen Geist, der vielleicht noch heimlich mit eigener Gerechtigkeit, mit Vorsätzen, die ohne dich gefasst sind, oder mit halbiertem lauem Christentum umgehen will; ach erbarme dich über mich, überzeuge mich durch deinen heiligen Geist von Allem, was mir fehlt, was Sünde an mir ist, was ich versäumt habe, und was an mir verändert oder befestigt werden muss. Sollte auch noch Feindschaft und Bitterkeit gegen meinen Nächsten in meinem Herzen stecken, o so lass mir keine Ruhe, bis ich mich noch heute mit ihm ausgesöhnt habe, er mag gegenwärtig oder entfernt sein. Hilf mir doch ja, dass ich nicht bloß mit Worten vergebe, sondern von Herzen, und dass ich ihm nicht bloß vergebe, sondern auch alles gern vergesse, was er an mir gesündigt hat, und wozu ich ihn, vielleicht durch meine Schuld, gereizt habe. Heiliger Jesu, drücke mir dein Wort wie einen Stachel ins Herz: wo ihr den Menschen ihre Fehle nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Fehle auch nicht vergeben. Mit welchem Maß ihr messt, mit demselben Maße wird euch gemessen werden. Nun vergib mir alle, alle meine Sünden, wie ich vergebe allen meinen Feinden und Schuldnern, sie mögen versöhnlich sein oder nicht. Lass mich von der Predigt deines Wortes recht nach deinem Sinne durchdrungen und bewegt werden, wie ich es nötig habe, damit es in mir Früchte bringe, die zum ewigen Leben bleiben. Bewahre selbst mein Herz, das zur Zerstreuung leider so geneigt ist. Mache mich recht stille und gesammelt, und sei mir immer nahe. Ehe ich mich aber auf Erden durch deinen Diener von meinen Sünden lossprechen lasse, so sprich du mich, o gnadenvoller Heiland, im Himmel los. Lass die Absolution des Predigers für mich eine kräftige Versicherung sein, dass du mir meine Sünden vergeben habest. Gedenke auch meiner Mitchristen, die mit mir beichten, und lass in keines Geist ein Falsch sein. Bekehre du sie, wie mich, und lass mir ihre Gemeinschaft in der Bußandacht zum Segen werden. Nun HErr, ich gehe hin, wie der Zöllner, und seufze zu dir: sei mir armen Sünder gnädig, sei mir um deines Blutes und Todes willen gnädig, o du Gott meines Heils. Amen.