Charles Haddon Spurgeon – Vor einer Predigt über Kol. 3. 1-2, am 28. März 1880.

Unser Vater! wir dürfen dich mit diesem teuren Namen nennen, denn wir fühlen den kindlichen Geist in uns. Wir haben eine ernste Liebe zu dir und ein unbedingtes Vertrauen auf dich, und wir wünschen, in allen Dingen dir gehorsam zu sein und deine Ehre zu suchen. All unsere Zuversicht ist auf dich gestellt seit dem Tage, wo du uns lehrtest, an Jesum Christum zu glauben und jetzt bist du alles in allem für uns, du bist unsere Fülle, und wir verlieren uns selber und finden uns selber vollständig in dir.

Wir möchten heute Morgen zu dir kommen auf dem Wege, den du vorgezeichnet hast und durch den Geist, den du gegeben, dazu in Stand gesetzt, möchten wir mit dir reden. Vater, es betrübt uns immer, wenn wir mehr oder weniger gegen deinen heiligen Willen handeln; es betrübt uns, zu denken, dass wir dich betrüben. Unsere innigste Sehnsucht ist, ganz vollkommen zu sein. O, wie wünschen wir, dass wir es wären! Wir hassen jeden falschen Weg und jede Sünde und wünschen von ganzer Seele, von der Herrschaft aller Sünde erlöst und hineingeführt zu werden in die selige Freiheit vollständigen Gehorsams gegen Gott.

Du weißt, Herr, denn du erforschest das Herz und prüfest die Nieren der Menschenkinder – du weißt, wir können mit Wahrheit sagen, falls wir nicht in einer sehr großen Täuschung befangen sind, dass wir wünschen, deine Ehre unter den Menschenkindern zu fördern, und dass wir nichts für Reichtum halten, als das, was uns reich in Gott macht; nichts für Gesundheit, als das, was vor dem Höchsten gesund ist – Heiligkeit vor deinen Augen, und dass wir nichts für rein halten, als das, was du gereinigt hast und nichts für gut, als das, worauf dein Segen ruhet. Doch, Herr, obgleich es so ist, obgleich unsere Seele durch deinen Geist nach Heiligkeit strebt, ist ein Tod in uns, die alte Natur, welche gegen unser Leben kämpft, und die Glieder unseres Leibes verbinden sich oft mit der inwendigen, verderbten Natur, uns irre zu führen. Wir schwingen nach der Seite der Heiligkeit und scheinen dann, gleich einem Pendel, nach der andern Seite zu schwingen. Wir fühlen uns deshalb elend und rufen dich an, uns zu befreien. O, dass du uns befreien wolltest!

Wir danken dir, dass Jesus uns den Sieg gibt, aber wir sehnen uns, diesen Sieg in unserem Innern beständiger zu empfinden völliger uns desselben zu erfreuen. Wir möchten tief im Staube vor dir liegen wegen der Sünde, und doch zu gleicher Zeit uns freuen über den großen Sündenträger, dass die Sünde uns nicht zugerechnet wird, dass sie hinweggetan ist durch sein teures Blut, dass wir angenommen sind in dem Geliebten. Aber selbst dieses befriedigt uns nicht, wir verlangen nach dem Werk des Heiligen Geistes in unserem Innern, bis Satan unter unsere Füße getreten und die Sünde völlig vernichtet ist.

Herr, du kennst das Seufzen unseres Herzens; unsere Gebete können es nicht ausdrücken, aber wir preisen dich, dass Einer da ist, der uns vertritt mit unaussprechlichem Seufzen, der mit uns ist und in uns wohnet und der nach deiner Verheißung immer bei uns sein soll. Wir werden überwinden, wir werden den Sieg gewinnen, wir werden uns über diese Niedergeschlagenheit unseres Geistes erheben, wir werden die Zweifel überwinden und die Befürchtungen und Anfechtungen unseres Herzens, wir werden überwinden, denn Christus geht voran und der Sieg liegt in seinem Kreuze, und wir sind dessen gewiss und deshalb wollen wir schon jetzt beginnen, das Siegeslied zu singen, und sprechen: „Gott sei gedankt, der uns allezeit Sieg gibt in Christo“.

Zu dieser Zeit möchten wir dich bitten, uns heimzusuchen mit deinem Heile. Herr, wir alle bedürfen der Erneuerung, der Erfrischung, der Wiederbelebung; aber einige deiner Kinder sinken sehr tief durch leibliche Schwachheit oder geistiges Leiden, sie liegen ganz im Staube. Aber Herr, wenn unsere Seele am Staube klebt, so kannst du uns nach deinem Worte noch lebendig machen, und wir bitten dich, diesen Tag zu einem rot angestrichenen in unserer Erfahrung zu machen. Mögen wir unsere Jugend erneuen, möge die erste Liebe zu uns zurückkommen, möge die Freude unserer ersten Tage uns wieder verliehen werden, möge der kindliche Glaube, mit dem wir die ersten Schritte auf Christum richteten, uns jetzt wiederum gegeben werden, und mögen wir lernen in dem Herrn zu ruhen und geduldig auf ihn zu harren.

Herr, unser Gott, wir bitten dich, blicke auf die Verzagten und auf die, welche durch Trübsal ermattet sind. Bringe zurück von Basan, ja, bringe dein Volk aus der Tiefe des Meeres herauf. Verwandle unsere Klage in einen Reigen; ziehe uns den Sack aus und gürte uns mit Freude; nimm unsere Seufzer hinweg und fülle unsern Mund mit Gesang, und lass dies einen hellen Freudentag sein und eine Zeit der Speisung von des Bräutigams eigener Hand, und lass unsern Geist sich freuen in ihm mit unaussprechlicher Freude und voller Herrlichkeit.

Willst du auch, großer Vater, zu dieser Zeit deine Gemeinde heimsuchen mit großer Huld, und wie du uns diese vielen Jahre lang reichen Segen gegeben, so gib uns nun ein neues Zeichen, eine neue Gnadenheimsuchung. Herr, du gibst nicht immer Sommerwetter dem Felde der Natur, sondern der Frühling kommt heran und der Sommer kehrt wieder. O, gib uns als Gemeinde Sommerwetter. Möge eine große Wiederbelebung der Religion in all ihren Gliedern stattfinden und besonders in den Seelen derer, die kalt oder gleichgültig gegen heilige Dinge werden. Wo immer ein laxes Leben, ein loses Halten der teuren Wahrheit ist, wo die Welt sich einschleicht mit ihren verderblichen Einflüssen; wo irgendeine Sünde ist, die unser Auge nicht sieht, die dein Auge aber erblickt, da nimm sie hinweg. Fülle die ganze Gemeinde mit Einigkeit, mit Liebe, mit Leben, mit Kraft.

Wir danken dir für die vielen, die frisch von der Welt zu uns kommen. Gott sei gedankt für Neubekehrte, lass sie wie frisches Blut in den Adern der Gemeinde sein, diese lebendig erhalten und sie tätig erhalten und lass den Geist des Herrn herabkommen auf Pastoren, Älteste und Diakonen, Sonntagsschullehrer und Arbeitende und Leidende, und lass die ganze Gemeinde lebendig werden. Ja, und nicht diese Gemeinde allein, sondern auf alle kleinen Hügel Zions lass den Regen von oben kommen. Suche die Gemeinden auf dem Lande heim mit deinem Segen. Lass alle Gemeinden in fremden Ländern auch von diesem selben Tröster besucht werden, und lass hellen Sonnenschein nach dem Regen zu deiner ganzen Kirche kommen in diesen dunklen und traurigen Tagen. Möge die Zeit kommen, wo die Vögel singen und die Turteltaube sich hören lässt in unserem Lande!

Und o, während du dies tust, blicke auf Sünder! O, blicke auf Sünder! Wenn du dein Volk segnest, so machst du es zum Segen. Wenn die Kirche kräftig ist, wenn dein Volk dich lobt, dann wird die Erde ihr Gewächs geben, dann werden alle Völker dir auch danken, denn die Freude Zions ist die Freude der ganzen Erde; wenn der Herr sein Volk froh macht, so macht er die Erde still sitzen und ruhen, oder selbst wenn sie tobet, so ist doch eine Zeit des Heils da, eine Zeit des Einsammelns der Verborgenen, und der Name Christi ist glorreich. Aber, Herr, es ist gerade jetzt ein großer Tumult in der Welt; wir bitten dich, lenke alles zu deiner Ehre. Gib, dass die besten Ziele des Fortschrittes, der Wahrheit und der Gerechtigkeit gefördert werden, und lass es immer noch gesehen werden, dass der Herr regiert. Selbst wenn die Menschen sich gegen die Wahrheit auflehnen und empören, so fördere du doch deine Sache, durch Unglück und Niederlage, wenn es sein muss, oder durch Glück und Erfolg. Lass dein Reich kommen, o Herr, lass dein Reich kommen und lass deinen Willen getan werden auf Erden, wie er es im Himmel wird, so sollen unsere Herzen singen mit dem Engelchor und froh sein mit allen Erlösten vor dem Throne, weil Gott verherrlicht wird. Dies ist der größte Wunsch unserer Seele, dass Jesu Name hoch erhoben werde und sein Thron unter den Menschen errichtet zum Lobe der Herrlichkeit seiner Gnade. Und nun sei dem Vater, dem Sohne und dem heiligen Geiste Ehre, wie es am Anfang war, jetzt ist, und sein soll von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.