Friedrich Arndt – Abendgebet am Freitag

Gott Vater, mein Geber alles Guten, was gebe ich Dir wieder für alle Deine Gaben, die ich diesen verfloßnen Tag von Dir empfangen habe? Ich bin ein Kind des Zorns von Natur, und dennoch hast Du mir Deine Gnade so reichlich erwiesen. Da ich nichts verdient, so hast Du mir Alles gegeben, was mir noth ist. Alle Wohlthaten, die Du über mich ausgeschüttet, sind Früchte Deiner erbarmenden Liebe. Alles Kreuz, das Du mir zugeschickt, ist eine Wirkung Deiner väterlichen Neigungen. Und diesen Augenblick muß ich sagen: Bis hieher hat mir der Herr geholfen! Ach, warum hab’ ich nicht Engelzungen, Deine Treue und Barmherzigkeit nach Würden zu erheben? Allein wie beschämt mich meine Sünde vor Deinem Angesichte, daß ich mich fürchten muß, mein Dankopfer werde Dir nicht gefällig sein! Es ist wahr, daß der Sünder vor Dir nicht bestehen kann; aber das ist auch gewiß, daß Du den Sünder in seiner Buße nicht verstoßen willst. Ich will Deine heilige Verheißung ergreifen, daß, wer an Jesum Christum glaubt, nicht soll verloren werden. In diesem Glauben rechtfertige mich; in diesem Glauben absolvire mich! Sei mir um Christi willen gnädig und barmherzig! Finsterniß bedeckt nun das Erdreich: Du aber decke mich mit Deiner allergetreuesten Liebe. Sende mir Deine Nachtwache bis zur fröhlichen Morgenwache.

Gott Sohn, mein Alles in Allem! Jedermann denkt jetzt an seine Ruhe; ich aber denke an meine Sünde. Ach, meine Gedanken sind heute nicht allemal Deine Gedanken, und meine Wege nicht immer Deine Wege gewesen. Ich weiß aber, daß Du nicht Gedanken des Leides, sondern Gedanken des Friedens über mich hast. O so denke an mich in Deiner Barmherzigkeit, wie Du am Kreuze des armen Schächers gedacht hast. Wirf meine Sünde in die Tiefe des Meers, daß ihrer nimmermehr gedacht werde. Gedenke, o Herr, der schweren zeit, darin der Leib gefangen liegt. Der Seele, die Du hast erlöset, gieb, Herr Jesu, Deinen Trost: tröste mich in dieser Nacht durch das Andenken Deiner Wunden. Weil Du mich in derselben von der Obrigkeit der Finsterniß errettet hast, so laß mich auch jetzt vor des Satans Grauen und Klauen sicher ruhen. Dein letztes Wort sei auch mein Wort: „Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist.“ sollte ich diese Nacht mein Haupt neigen müssen, so laß es Dir auf Deine blutige Brust fallen; soll mir mein Herz brechen, ach so breche es in Deiner geöffneten Seite! Das sei mein Weg in’s Paradies; ich küsse Deine hohepriesterlichen Wunden und sage: Dir leb’ ich, Dir sterb’ ich, Dein bin ich todt und lebendig.

Gott heiliger Geist, mein Vertreter, beschließ meine Seufzer mit Deinem Abba, besprenge sie mit dem Blute des unschuldigen Lammes, versiegle sie mit dem letzten Angstschrei meines sterbenden Jesu! Wenn ich jetzt mein Licht auslöschen werde, so sei das Licht in meinem Herzen; wenn ich meine Kleider ablege, so ziehe mich an mit Kraft aus der Höhe, daß ich wider alle listigen Anläufe des Satans bestehen möge; wenn ich die matten Glieder auf mein Lager werfe, so versichere meine Seele, daß ich in den Wunden meines Jesu ruhe. Laß auch mein Bette mir von meinem Grabe predigen, daß ich nicht in Sicherheit schlafe, wie die Jünger am Oelberge, sondern alle Augenblicke meines Endes warte. Stecke das Kreuz meines Erlösers als ein Siegeszeichen vor mein Bett: das soll meine Ruhe, das soll meine Ehre sein. Bekehre auch alle Feinde des Kreuzes Christi, daß sie sich unter dieses Panier sammeln und der Verdammniß entgehen mögen. Versiegle auch mit diesem Gnadenzeichen die Ruhe der Meinigen, und laß Keinen verloren gehen, den Du damit bezeichnet hast.

Heilige Dreieinigkeit, Deine Gnade sei unser Licht im Finstern; Deine Kraft sei unsere Stärke in der Schwachheit; Dein Schutz sei unser Schild in der Gefahr; so wird keine Plage zu unserer Hütte nahen. Sei mit uns, o Vater, in Deinem Sohne mit Deinem Geiste! Laß diese Schrift an unser Haus und Herz geschrieben sein: „Hier ist der Herr! Ist Gott für uns, wer will wider uns sein?“ Amen.

So ist der Freitag nun vorbei,
Und Du, mein Jesu, machst mich frei,
Daß ich in Deinen tiefen Wunden
Der Kinder Gottes Freiheit funden.
Gieb auch nunmehr durch Deine Macht
Zum Freitag eine freie Nacht.
Die Sonne geht zur Rüste,
Bleib bei mir, Jesu Christe:
So hab’ ich Licht und Leben,
Wenn mich die Nacht umgeben.

Georg Friedrich Blaul – Morgengebet am Freitag

Wenn ich erwache, so rede ich von dir, mein Gott und Hort; dir gebühret vorerst Lob, Preis und Dank, ehe ich an etwas anderes denke. Dein treues Auge war über mir offen, und deine Rechte hat mich erhalten. Aus deiner Fülle habe ich Kraft genommen, mein irdisches Tagewerk mit neuem Muthe zu beginnen; nun gib aber auch, dass es einen gesegneten Fortgang habe. Ohne deine Hülfe müsste ich ermatten und erliegen, denn die Plage eines jeden Tages ist für menschliche Kraft gar oft zu schwer. Doch wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten, und von Herzen dir nachwandeln.

Und wenn auch Mühe und Arbeit mich noch so schwer drücken, wenn du mich selbst mit Leiden und Kummer heimsuchen solltest, so will ich doch nicht verzagen; auf Jesum Christum, meinen Herrn, will ich schauen, dem du an jenem großen Freitage mehr Kreuz auferlegtest, als ich und Andere zu tragen vermöchten. Ja, mein treuer Heiland, dein stilles Dulden ist mein Trost, der Muth und die Ergebung, womit du von Schmerz zu Schmerzen gingst, soll mein stetes Vorbild sein. Ich will um so unermüdeter sein, da du gearbeitet und gelitten hast, damit wir Frieden hätten, da du uns geoffenbaret, dass der Zeit Leiden nicht werth sind der Herrlichkeit, welche dort bereitet ist für die, denen du die Krone des Lebens geben willst.

So kommen denn über mich, was Gottes heiliger Wille ist. Ist es Segen und Wohlfahrt, so will ich mich mit Dank des guten Tages freuen, ist es aber Beschwerde, so will ich den bösen Tag auch für gut nehmen, weil du, Herr, ihn gegeben; und will Alles tragen, Alles dulden, Alles hoffen mit dir, mein göttlicher Freund und Erlöser, von dessen Liebe mich keine Freude, aber auch keine Trübsal scheidet. Ich vermag ja Alles durch den, der mich mächtig macht.

Wie wohl ist mir, o Freund der Seelen,
Wenn ich in deiner Liebe ruh‘!
Ich traure nicht, was kann mich quälen?
Mein Trost, mein Licht, mein Heil bist du.
Bei dir vergess‘ ich meine Leiden;
Denn, o wie viele hohe Freuden
Genieß‘ ich nicht, vereint mit dir!
Hier ist mein Himmel schon auf Erden;
Wie könnt‘ ich jemals muthlos werden?
Bist du doch überall mit mir. Amen.