Johann Quirsfeld – Auf Reisen

O Herr Jesu Christe, du allergütigster Herr und Heiland, der du um unsertwillen ein Gast und Fremdling geworden bist auf Erden: ich komme zu dir mit demüthigem Herzen, und bitte dich, du wollest dir mein ganzes Leben und Wandeln in dieser Welt lassen befohlen sein. Behüte mich auf dieser meiner Reise durch deiner lieben Engel Schutz auf allen meinen Wegen gnädiglich vor allem Uebel und Unfall, vor Unglück und Gefahr, an Seel und Leib, damit ich Alles glücklich ausrichten, und endlich auch frisch und wiederum gesund zu den lieben Meinigen gelangen möge. Dir, o Herr, allein befehle ich meinen Leib und meine Seele, mein Hab und Gut, auf meiner ganzen Reise. Richte du meinen Gang und Wandel, wie es mir gut und selig ist. Nimm dich auch unterdessen der lieben Meinigen zu Hause trefflich an, damit wir einander glücklich und gesund wieder mögen antreffen. Und wann ich endlich auch meine Lebenswallfahrt hier in dieser Weise vollendet habe, so nimm mich zu dir durch einen sanften und seligen Tod in deine Herrlichkeit, als mein himmlisches Vaterland, gnädig auf und an. Amen.

Johann Quirsfeld – Vor dem Gottesdienst

Herr Gott himmlischer Vater, aus deinem Antrieb bin ich gekommen zu deinem Tempel, daselbst die schönen Gottesdienste zu hören und anzuschauen. Komm doch du nun auch und wohne in meinem Herzen als in deinem Tempel, wie du versprochen hast, du wollest zu uns kommen und Wohnung bei uns machen. Reinige mein Herz von allen irdischen Gedanken und aller weltlichen Unreinigkeit, damit es dir allein ganz und gar ergeben sei. Wende meine Augen ab, daß sie nicht nach fremden Dingen sehen. Oeffne mir die Ohren, daß sie mit Andacht dein heiliges Wort anhören mögen. Bereite mein Herz zu einem fruchtbaren und guten Lande, daß ich den ausgestreuten Samen deines gepredigten Worts nicht allein mit Freuden aufnehme, sondern auch behalte in einem feinen und guten Herzen, und Frucht bringe in Geduld. Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und machet sie fruchtbar und wachsend: also laß dein Wort auch nicht wieder leer zu dir kommen; laß ihm gelingen wozu du es sendest, nach deiner Verheißung, das bitte ich dich, o Gott, um Jesu Christi willen. Amen.

Johann Quirsfeld – Nach der Beichte

Ach liebster Herr Jesu, ich danke dir von Grund meines Herzens, daß du mir armen Sünder durch den Diener deines Wortes abermal die gnädige Vergebung meiner sünden hast ankündigen lassen. Siehe, um Trost war mir sehr bange, du aber hast dich meiner Seelen herzlich angenommen, daß sie nicht verdürbe; denn du wirfest alle meine Sünden hinter dich zurück.

Ach verleihe mir nun auch ferner deine Gnade, daß ich auf meine Zusage möge anfangen frömmer zu werden. Schaffe doch du, o Gott, in mir ein reines Herz, und gieb mir einen neuen gewissen Geist; verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir; tröste mich wieder mit deiner Hülfe, und der freudige Geist enthalte mich. Ach, laß mich doch ablegen nach dem vorigen Wandel den alten Menschen, der durch Lüste in Irrthum sich verderbet. Und laß mich hingegen erneuert werden im Geist meines Gemüths und anziehen den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist, in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. Laß mich ablegen von mir den Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung und schandbare Worte. Laß mich tödten Alles was der Erde angehört, alle Unreinigkeit, böse Lust und den Geiz, welcher ist Abgötterei. Hingegen was wahrhaftig, was ehrbar, was gerecht, was keusch, was lieblich, was wohl lautet, ist etwa eine Tugend, ist etwa ein Lob, dem laß mich nachdenken. Gieb daß ich verleugne das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste, und züchtig, gerecht und gottselig lebe in dieser Welt, und warte auf die selige Hoffnung und Erscheinung deiner Herrlichkeit, um deines allerheiligsten Namens willen. Amen.

Gebet um des Gebetes willen

Ach Herr, du heiliger und gerechter Gott, du hast kein Wohlgefallen an denen, die ohne Andacht beten, unter deren Zahl ich mich leider billig zählen muß, weil ich auch oft wenig Andacht in mein Herz kommen lasse und in lauter Kaltsinnigkeit mit vielen fremden und unnützen Gedanken mein Gebet verrichtet habe.

Ach, vergieb mirs doch aus Gnaden, o barmherziger Vater, und entzünde hinfort mein Herz mit inbrünstiger, feuriger Andacht, daß ich mit Furcht und Zittern vor dein heiliges Angesicht trete, und doch zugleich auch in aller Freudigkeit mein Gebet zu dir verrichte. Gieb mir den Geist des Gebets, der mich nicht allein recht beten lehre, sondern auch selbst in mir rufen und beten möge: Abba lieber Vater! Laß mein Gebet nicht nur ein Mundwerk und Geplärr der Lippen sein, sondern ein andächtiges inbrünstiges Seufzen, das aus dem Innersten meines Herzens hervorquelle und in wahrem Glauben nach deinem Vaterherzen aufsteige, damit ich auch die gnädige Erhörung erlange, die dein lieber Sohn allen und jeden versprochen, die in seinem Namen etwas bitten werden. Amen. Das gieb, Herr Jesu. Amen.

Johann Quirsfeld – Friedensgebet

Herr Gott Zebaoth, groß von Rath und mächtig von That, wir danken deinem heiligen Namen und rühmen, loben und preisen dich von Herzensgrund, daß du nach diesem großen Ungewitter die Sonne wieder scheinen lassen, und nach dem Weinen uns mit Freuden überschüttet hast. Ach Herr, du liebreicher Gott, wie gnädig hast du unser sehnliches Bitten und Flehen erhöret, und nach den gefährlichen und beschwerlichen Kriegszeiten uns den edlen goldenen Frieden wieder bescheret. Jesu, du großer Friedefürst, laß doch diesen theuern Schatz des lieben Friedens hinfort stets unter und bei uns bleiben. Halte dein väterlich wachendes Auge über unsere Stadt und Land, daß wir die Früchte dieses edlen Friedens in aller Ruhe und Sicherheit lange Zeit genießen mögen. Sei du eine feurige Mauer um uns her, daß uns kein Feind mehr Leibes noch Schaden möge zufügen. Laß Friede sein inwendig in unsern Mauern und Wohlfahrt in unsern Häusern. Schaffe unsern Gränzen Friede, und segne uns an Seel und Leib; laß aber auch daneben deinen Frieden, der höher ist denn alle Vernunft, unsere Herzen und Sinnen bewahren zum ewigen Leben. Amen.

Allgemeines evangelisches
Gesang- und Gebetbuch
Hamburg 1846
Agentur des Rauhen Hauses

Johann Quirsfeld – Nachfolge

Liebster Jesu, der du dich in den Tagen deines Fleisches freiwillig hast unter das Gesetz begeben, auf daß du die, so unter dem Gesetze waren, erlösest, und wir die Kindschaft empfingen; hilf doch auch, daß wie du von deiner lieben Mutter Maria im Tempel dem Herrn dargestellt wurdest, ich mich selbst nach der Reinigung meiner Sünden dem Herrn darstellen und meinen Leib begeben möge zum Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Laß mich mit dem alten Simeon dir allein in Frömmigkeit und Gottesfurcht täglich dienen, daß dein heiliger und guter Geist auch in mir sein und bleiben möge. Laß mich dich selbst in wahrem Glauben in mein Herz einschließen, gleichwie dich Simeon in seine Arme schloß; damit ich endlich auch mit Freuden mein Leben endigen, und mit ihm gläubig sagen könne: Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast. Denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, welchen du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht zu erleuchten die Heiden, und zum Preis deines Volks Israel. Und dann nimm meine Seele auch in deine Arme und trage sie selbst in deine Herrlichkeit. Amen.

Allgemeines evangelisches
Gesang- und Gebetbuch
Hamburg 1846
Agentur des Rauhen Hauses

Johann Quirsfeld – Gründonnerstag

O liebster Herr Jesu, wie soll ich dich doch genugsam loben und preisenn für die unaussprechliche Liebe und Wohlthat, die du an diesem heutigen Tage mir erwiesen hast. Du trittst heute an den schweren Gang, worauf du durch dein bitteres Leiden und Sterben der ganzen Welt Sünde geduldig büßen willst. Und siehe, ehe du hinzu gehst, machst du zuvor noch mit uns einen Bund, das ist das neue Testament in deinem Blute, das für die Sünde der Welt vergossen ward. O heiliger Bund! O heiliges Testament! darin du uns armen Sündern deinen heiligen Leib und dein theures Blut zum Pfande deiner Liebe giebst, also daß wer dieß dein Fleisch isset und trinket dein Blut, inn dir bleiben soll und du in ihm. Ja du verheißest, er solle das ewige Leben haben, und du werdest ihn am jüngsten Tage auferwecken zum ewigen Leben. O gieb, liebster Jesu, daß ich solch theures Liebesmahl, das heute zum ersten Male deine Jünger genossen, nicht geringe achten, sondern allezeit mit wahrer Andacht beherzigen möge. Gieb, daß ich es stets in wahrem Glauben und herzlicher Andacht genieße: und hilf, daß soolch theures Liebespfand nach deinem Wort und erster Einsetzung unter und bei uns allezeit unverfälscht möge ausgetheilt werden, damit auch wir, nach deines Apostels Lehre, wenn wir von diesem Brote essen und von diesem Kelche trinken, deinen Tod verkündigen, bis du kommst und uns aus dieser Jammerwelt einholest in deine Herrlichkeit, da wir werden in deinem Reiche zu Tische sitzen, und trunken werden von den reichen Gütern deines Hauses ewiglich. Amen.

Johann Quirsfeld, 16442 – 1686

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