Heinrich von Suso – Umkehr zu Gott

O Herr, da ich nicht war, gabest Du mir Wesen, da ich mich von Dir geschieden hatte, da wolltest Du nicht von mir scheiden, da ich Dir entrinnen wollte, da hieltest Du mich so süßiglich gefangen. O ewige Weisheit, möchte Dich mein Herz umfassen und mit steter Liebe und ganzem Lobe alle meine Tage mit Dir verleben; das wäre meines Herzens Begierde. Denn wahrlich, der Mensch ist selig, dem Du so liebevoll zuvorkommst, daß Du ihn nirgend recht ruhen lässest, bis daß er seine Ruhe in Dir allein suche. Ach, da ich nun an Dir gefunden habe, den meine Seele liebt, so verschmähe nicht Deine arme Kreatur. Siehe an, wie mein Herz verstummt ist gegen alle Welt in Lieb und Leid, soll es auch gegen Dich immer stumm sein? Vergönne, lieber Herr, meiner elenden Seele, ein Wort zu Dir zu sprechen; denn sie hat in dieser weiten Welt Niemand, an dem sie sich erquicken könnte, als Dich, auserwählter Herr, Vater und Bruder.