Hugo von St. Victor – Schöpfung

Alles hast Du dem Menschen unter die Füße gethan, damit er sich Dir ganz unterordnen möchte. Dem Körper, obwohl er vergänglich und irdisch ist, lässest Du zum Sehen das Himmelslicht darreichen durch Deine unermüdlichen Diener, Sonne und Mond, die Tag und Nacht Deinen Kindern zu Gebote stehen; zum Athmen schaffest Du frische Luft, zum Hören mancherlei Töne, für die Nase liebliche Gerüche, für den Gaumen verschiedenen Geschmack, für das Gefühl Formen und Flächen der Körper. Das Zugvieh lässest Du für uns arbeiten, auch die Vögel des Himmels, die Fische des Meeres und die Früchte der Erde hast Du uns zur Erquickung geschenkt. Für jede Krankheit hast Du eine Arznei, für jedes Uebel ein Trostmittel verordnet, denn Du bist barmherzig und sehr gnädig. Während Du aber die Außenwelt für den Körper, so hast Du diesen für die Seele bestimmt, die Seele aber allein für Dich, daß sie sich Dir hingeben und Dich lieben möchte. Denn was unter dem weiten Himmel gefunden werden mag, ist geringer als die menschliche Seele, welche geschaffen ist, Dich als ihr höchstes Gut zu besitzen und in diesem Besitze selig zu sein.

Hugo von St. Victor – Schöpfung

Siehe, o Herr, ich bin, weil Du mich geschaffen hast, und daß Du mich schaffen und unter Deine Kreaturen zählen wolltest, hattest Du vorher bestimmt von Ewigkeit, noch ehe Du den Himmel ausspanntest und die Tiefen legtest; noch ehe die Erde gemacht, die Berge gegründet und die Quellen geöffnet waren. Und wie komme ich dazu, gütigster Herr, höchster Gott, gnädigster Vater, wie habe ich Solches verdient? Ich war nicht und Du schufest mich, ich war Nichts und Du riefest mich aus dem Nichts ins Dasein. Du hättest mich zu einem Wassertropfen, einer Feuerflamme, einem Vogel oder Fisch, zu einer Schlange oder irgend einem wilden Thiere, zu einem Steine oder Holze machen können. Aber nein, Deine Güte hat mich über alle Dinge gesetzt, hat mir nicht bloß Leben und Gefühl, sondern auch Verstand gegeben; sie hat mich zur würdigsten Kreatur erhoben und nur um ein Geringes unter die Engel gestellt.

Augustinus, Aurelius – Ein anderes Gebet für die Erschaffung aller Creaturen.

Herr, deine Creatur bin ich, du hast mich geschaffen in deiner großen Güte. Ach Herr, nimm dich deines Geschöpfes an, laß mich nicht in meinen Sünden wieder zu nichte werden. Erhalte durch deine große Gnade, was du in deiner großen Güte geschaffen hast. Ach Herr, was wäre dir damit geholfen, wenn ich, von dir geschaffen, zum ewigen Verderben kommen sollte? Herr, du hast mich geschaffen, so würde ich wieder zu nichte werden, wenn du mich nicht erhieltest. Ich habe es nicht dir abgeworben, daß du mich geschaffen hast, sondern deine große Liebe und Gunst hat dich verursacht mich zu schaffen, und durch dieselbe wollest du mich auch zum ewigen Leben erhalten! Ach Herr, du hast uns ja nun lieber in deinem Sohne, da wir neu geboren sind, als du uns in unserer ersten Schöpfung gehabt hast. Darum siehe uns mit deinen günstigen Vateraugen an, als deine von oben herab neugebornen Kinder, und erhalte uns in deiner Gunst und Gnade. Wende von uns ab des bösen Feindes Haß und Gram, daß er uns von dir nicht abwende. Nimm mich unter deinen Schutz und Schirm daß der böse Feind an mir zu Schanden, und ich von dir erhalten werde, dich lobe und preise, von nun an bis in Ewigkeit. Amen!

Augustinus, Aurelius – Gebet für die Erschaffung aller Creaturen.

Herr Gott, Vater unsers lieben Herrn Jesu Christi, wie herzlich lieb sollen wir arme sündhafte Menschen billig dich haben, dich mit Mund und Herzen immer loben und preisen, der du uns mit deiner Güte, Gnade und unzähligen Wohlthaten so reichlich begabet und überschüttet hast. Denn von dir ist Alles, was wir haben, Leben, Weisheit, Verstand und all unser Vermögen, du bist unser gott, von welchem alles, was gut und uns nützlich ist, seliglich herkommt. Ach Herr, wegen solcher deiner Güte, und um deines heiligen Namens willen wollest du uns ferner mit deinen Gütern und Gaben begnaden, daß wir von dem Deinen dir dienen, dich hoch rühmen, loben und preisen, denn von dem Unsern kommt nichts als die Sünde, nichts, das dir angenehm und wohlgefällig ist. Aber alles, was gut und dir zu Ehren gereicht, das müssen wir von oben herab, von dir nehmen und empfangen. Ach, herzliebster Vater, der duüber alle deine Gaben auch deinen Sohn uns vom Himmel herab gesandt, ihn uns geschenkt und gegeben hast, daß er sich unserer Noth und unseres Elendes und Jammers annehmen sollte, und uns zugesagt und versichert hast, daß uns alles, was wir in seinem Namen von dir bitten und begehren, reichlich und überflüssig solle gewähret werden, dich rufen wir an in seinem Namen, der sich für uns arme Sünder zum Sündopfer gegeben, uns dir versöhnet hat und nun unser ewiger Hoherpriester und Versöhner bei dir ist, und zu deiner rechten Hand sitzet, du wollest uns ferner mit deinerGüte und Gunst begnaden, daß wir in wahrer Erkenntniß unserer Sünden und mit büßendem, reuendem Herzen dir allein zum wohlgefälligen Opfer bringen ein betrübtes und zerknirschtes Herz, rechten und wahren Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit, die uns dein lieber Sohn durch sein Leiden, Sterben und Auferstehen erworben, geschenkt und gegeben hat, daß wir vor dir gerecht, selig und angenehm seien und dich loben und preisen, dir dienen und dich fürchten und lieben unser Leben lang. Amen!

Thomas von Kempen – Schöpfung

Ich preise Dich, Vater und Herr Himmels und der Erden, der Du Alles aus Nichts geschaffen hast durch Deinen eingebornen Sohn im heiligen Geiste. Auf Dein Wort giebt der Himmel Regen zur rechten Zeit und die Erde reichliche Früchte. Sonne und Mond erleuchten die Welt und die Sterne kreisen in geordneten nächtlichen Bahnen. Quellen sprudeln, Flüsse strömen, Fische aller Art schwimmen in den Gewässern. Es fliegen und singen die Vögel unter dem Himmel, es hüpfen auf den Bergen die Rehe und Hirsche; es freut sich das Vieh auf den fetten Triften. Die Wiesen grünen, die Felder blühen, alle Bäume des Waldes sprossen und tragen Früchte. Das sind Deine Werke, o Gott, der Du allein große Wunder thust.