Andreas Althamer – Frieden

Almechtiger ewiger Got / ein könig der ehren / und ein herr hymels und der erden / durch welches geyst alle ding regiert / durch welches versehung alle ding geordnet werden / der du bist eyn Gott des frides / von dem allein alle eynickeit zu uns kumpt / Wir bitten dich durch unsern herrn Jhesum Christum / du wollest uns unsere sünd vergeben / und mit deynem götlichen frid und eynigkeit begnaden / damit wir in forcht und zittern dir dienen zu lob und preyß deynes namens / Amen.

Andreas Althamer – Obrigkeit

Barmhertziger hymlischer vater / in welches hande aller menschen gewalt und obrigkeit bestehet / von dir gesetzt zur straff der ubeltheter / und wolfart der bider leute / In welches hand auch steen alle recht / und gesatz aller reych / wir bitten dich / sihe genedigklich auff unseirn gnedigsten herrn den Kayster / und alle Fürsten und Herren / fürnemlich auff unsern gnedigen herren Marggrafen Georgen / auff die gantze herschafft zu Brandenburg / auff alle ordenliche obrigkeit / damit sie dz weltlich schwert jhnen von dir befolhen / im glauben und forcht Gottes / nach deinem befelch / füren mügen / Umbschatte sie mit der krafft des allerhöchsten / erleuchte und erhalt sie bey deynem götlichen namen. Gib jhnen lieber herr weyßheit und verstand und ein fridlich regiment / auff das sie alle ihre unterthanen in der warheit und gerechtigkeit / die dir herr gefellig ist / regieren und beschiermen / Er lenger jhnen / o Got unsers hayls / jhre tag / auff das dein götlicher nam durch sie geheyligt und gepreyßt werde / von nun an biß in ewigkeit. Darzu helff jn Got unser vater / durch Jesum Christum unsern herren / Amen.

Andreas Althamer – Allgemeines Gebet

Almechtiger gütiger Gott / und vatter unsers herren Jesu Christi / der du uns ernstlich befolhen hast / das wir dich bitten sollen / für arbaytter in die erndte / das ist / für rayne prediger deynes worts. Wir bitten dein grundlose barmhertzigkeit / du wollest uns rechtgeschaffen lerer und diener deines götlichen worts zu schicken / und den selben dein haylsames wort in den mund geben / und in das hertze / das sie deynen Bevelch getrewlich außrichten / und nichts predigen das deinem heyligen wort entgegen sey / auff das wir durch dein hymelisch ewigs wort / ermanet / gelert / gespeyßt / und getröst werden. Thun was dir gefellig / und uns fruchtbarlich ist / Gib herr deyner gemayn deynen geyst / und götliche weyßheit / das deyn wort unter uns lauffe und wachse / das sie die diener / deyn wort mit aller fraydigkeyt / wie sichs gepürt / reden und deyn heylige Christliche gemayn / gebessert werde / und mit bestendigem glauben dir diene / und in bekandtnus deynes namens bestande / durch Jesum Christum unsern herren / Amen.

Ambrosius von Mailand – Bitte eines Bischofs um Vergebung

Mein Jesus, laß auch mich dir
die heiligen Füße waschen.
Seit du in meiner Seele wandelst,
hast du sie beschmutzt.
Laß mich den Schmutz entfernen,
den mein Tun auf deinen Weg warf.
Doch wo finde ich das lebendige Wasser,
mit dem ich dir die Füße waschen könnte?
Habe ich kein Wasser, so habe ich doch Tränen.
Benetzen sie deine Füße, dann werde ich selber rein.
Warum sprichst du zu mir:
»Ihr werden viele Sünden vergeben,
weil sie viel geliebt hat«?
Ich schulde mehr als andere und mehr vergabst du mir,
wurde ich doch aus dem Lärm der Gerichtshändel
und der Verantwortlichkeit
öffentlicher Verwaltungsarbeiten
zum Bischofsamt berufen.
Ich fürchte undankbar zu sein:
Du hast mir so viel vergeben,
und ich habe so wenig geliebt.
Bewahre dein Geschenk, schütze die Gabe,
die du dem Widerstrebenden verliehen hast.
Ich war mir der Unwürdigkeit für das Bischofsamt
bewußt,
hatte ich mich doch dem weltlichen Treiben ergeben.
Aber »durch deine Gnade bin ich, was ich bin«
Zwar bin ich der letzte aller Bischöfe
und der Geringste an Verdienst.
Weil ich aber für deine heilige Kirche arbeite,
schütze du diese Frucht.
Du hast den Verlorenen zur Bischofswürde berufen.
Laß nun den Bischof nicht verlorengehen.
Vor allem, gib mir die Gnade,
aus tiefstem Herzensgrund mit den Sündern Mitleid
zu haben.
Das ist wahre Tugend, steht doch geschrieben:
»Du hättest nicht frohlocken sollen
über Judas Söhne am Tage ihres Untergangs,
nicht harte Worte sprechen sollen
am Tage der Bedrängnis«.
Gib mir, daß ich Mitleid habe,
wenn die Sünde eines Gefallenen offenbar wird.
Laß mich dann nicht überheblich tadeln,
sondern trauern und weinen.
Laß mich mit den Tränen über andere
auch mich selbst beweinen und sprechen:
»Thamar ist gerechter als ich«.

Anselm von Canterbury – Sehnsucht

O Herr, nach Dir dürste ich, nach Dir verlangt mich; und gleichwie ein verwaistes Kindlein, dem der theuere Vater genommen ist, das liebe Bild desselben weinend und seufzend beständig im Herzen behält, so beweine auch ich, nicht zwar so sehr ich sollte, doch so viel ich vermag, die Kümmernisse meines Pilgerlebens, hoffe allein auf den Trost Deiner Zukunft und sehne mich innig, Dein glorreiches Antlitz zu schauen. Ach, daß ich ihn nicht habe sehen können, den Herrn der Engel, da er sich Hände und Füße um meinetwillen durchbohren ließ, daß ich seine wunderbare und unaussprechliche Liebe nicht habe bewundernd erblicken können! O Maria, welcher Thränenstrom mag aus deinen züchtigen Augen geflossen sein, als du gewahren mußtest, wie dein Sohn unschuldig gebunden und gegeißelt ward! Wie mag dein frommes Antlitz geweint haben, als eben dieser dein Sohn, dein Gott und Herr, ohne Schuld ans Kreuz geheftet und das Fleisch von deinem Fleisch grausam zerrissen ward! Welche Seufzer mögen deinem Herzen entquollen sein, als du hören mußtest: Weib, siehe, das ist dein Sohn! und der Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Wäre ich doch so glücklich gewesen, und hätte mit Joseph meinen Herrn vom Kreuze abgenommen, ihn mit Specereien gesalbt und ins Grab gelegt, um dem hohen Leichnam noch einen Dienst zu erzeigen. Wäre ich doch nachmals unter den heiligen Frauen gestanden, wäre mit ihnen erschrocken bei der lichtvollen Erscheinung der Engel und hätte ich mit gehört die Botschaft des Trostes, die so gehoffte, so ersehnte Botschaft! Hätte ich doch aus dem Munde des Engels vernommen das Wort: Fürchtet euch nicht, ihr suchet Jesum von Nazareth, den Gekreuzigten, er ist auferstanden und nicht hier! O wunderbarer Herr, wann wirst du mich trösten und meinen Schmerz lindern? Denn mein Schmerz verläßt mich nicht, so lange ich in der Fremde walle, fern von Dir, meinem Herrn.

Anselm von Canterbury – Liebe

O lieber Herr Christus, verleihe mir Deine heilige und reine Liebe, daß sie mich ganz erfülle und beseele. Gieb mir aber auch das offenkundige Zeichen derselben, einen reichlichen Thränenquell, daß auch die Thränen es verrathen und aussprechen mögen, wie sehr ich Dich liebe. Ich erinnere mich der Hanna, jenes frommen Weibes, die zur Stiftshütte kam, um einen Sohn zu erbitten, von der die Schrift erzählt, daß sie geweint und gebetet habe. Aber eingedenk ihrer Inständigkeit werde ich tief beschämt, da ich sehe, daß ich Elender noch so gar darniederliege. Denn wenn sie im Gebete um den Sohn also weinte und weinend beharrte, wie müßte doch meine Seele klagen und klagend beharren, die Dich, o Herr, liebt und sich Dir zu nahen begehrt! Es kommt mir auch die wunderbare Frömmigkeit einer andern Frau ins Gedächtniß, die Dich, da Du im Grabe lagest, aus Liebe aufsuchte, die nicht zurückwich, als selbst die Jünger wichen. Trauernd und klagend saß sie vielmehr da, und weinte lange und viel, und wie sie aufstand, blickte sie, reichliche Thränen vergießend, immer wieder und wieder in die leere Gruft hinein, ob sie Dich etwa gewahren mochte. Und weil sie Dich vor Allen liebte, vor Liebe Thränen vergoß, unter Thränen Dich suchte und suchend beharrte, ward sie gewürdigt, Dich zuerst zu finden, zu sehen und mit Dir zu reden. Und nicht allein dieß, sie sollte auch Deinen Jüngern die erste Botschaft Deiner glorreichen Auferstehung bringen, indem Du ihr auftrugest: Gehe hin und sage meinen Brüdern, daß sie nach Galiläa gehen, daselbst werden sie mich finden. O lieber Herr, wie sie weinte, laß auch mich weinen, laß Thränen mein Brod Tag und Nacht werden, bis ich zu Dir komme und Dein heiliges Antlitz schaue.

Anselm von Canterbury – Liebe zu Jesus

Jesu, mein Erlöser, wer kann Dich würdig preisen, Du unaussprechliche Macht und Weisheit des Vaters? O wie gern möchte ich ganz in Deinem Lobe aufgehen! Aber, weil ich Solches nicht kann, soll ich darum schweigen? Wehe denen, die von Dir schweigen, der Du den Mund der Stummen öffnest und Kinderzungen beredt machst! Wehe denen, die von Dir schweigen; denn bei all ihrem Geschwätz sind sie stumm, wenn sie Dein Lob nicht verkündigen! Unendlich bist Du, o Herr, und unendliche Liebe sind wir Dir schuldig, die Du durch Dein theures Blut erkauft hast. Denn wenn ein Mensch den andern also liebt, daß er kaum ohne ihn sein kann, wenn die Braut dem Bräutigam so innig zugethan ist, daß sie „immer Ruhe hat, wenn ihr Freund nicht bei ihr ist; mit welcher Liebe, mit welcher Inbrunst muß Dich die Dir im Glauben vertraute Seele lieben, ihren wahren Gott und Bräutigam, der Du so Vieles und so Großes für uns gethan hast! Und überdieß ist Deine Liebe so süß und so ruhevoll. Auch die Welt hat zwar ihre Lust und Ergötzlichkeiten, aber die Seelen, welche sich ihr hingeben, können nicht still sein; von Argwohn, Unruhe und mannigfachen Befürchtungen werden sie besessen. Bei dir hingegen ist ein ungestörtes Leben. Wer zu Dir kommt, lieber Herr, der geht ein zur Freude seines Herrn, der kann sprechen: Der Herr ist mein Hirt, mir wird Nichts mangeln; er weidet mich auf einer grünen Aue.

Anselm von Canterbury – Kreuzigung

Siehe an, lieber Vater, wie Dein theurer Sohn am Kreuze hängt, das Haupt niedergesenkt zum Tode. Bleich ist die nackte Brust, roth von Blut die Seite, ausgespannt und verdorrt der Leib, erloschen sind die himmlischen Augen, Blässe deckt das königliche Antlitz, erstarrt sind die erhabenen Arme, marmorgleich hängen die Schenkel herab, ein Strom heiligen Blutes rinnt aus den durchstochenen Füßen, die nicht auf den Weg der Sünder traten, sondern allezeit wandelten in Deinem Gesetze. Schaue nun an, o Vater der Herrlichkeit, das Leiden des Gottmenschen und lindere das Elend der geschaffenen Menschheit; schaue an die Strafen des Erlösers und vergieb die Schuld den Erlösten.

Anselm von Canterbury – Trost

O Du Liebe der Gottheit, heilige Gemeinschaft des allmächtigen Vaters und Sohnes, allmächtiger heiliger Geist, der Du bist ein erbarmungsvoller Tröster der Trauernden, senke Dich in das Innerste meines Herzens kräftiglich, erhelle alle ungesehenen dunkeln Gründe mit dem Glanze Deines Lichtes und, was welk ist durch lange Dürre, befeuchte mit der Fülle Deines Thaues. Tränke mich mit dem Strome Deiner Lust, daß ich kein Verlangen mehr nach dem versüßten Gift weltlicher Freuden empfinde. Richte mich Herr und scheide meine Sache von dem unheiligen Volke; lehre mich thun nach Deinem Wohlgefallen, denn Du bist mein Gott. Ich glaube: bei wem Du einkehrst, den machst Du zu einer Wohnung des Vaters wie des Sohnes. So komm denn, komm, gnädigster Tröster der trauernden Seele, der Du im Glücke sie wahrest und in der Noth ihr Beistand bist, der Du von Missethaten reinigest und Wunden heilest. Komm, Du Lehrer der Demüthigen und Vertilger der Hoffartigen. Komm, Du erbarmungsvoller Vater der Weisen und der Wittwen milder Richter. Komm, Du Hoffnung der Armen und Du Labung der Matten. Komm, Du Stern auf dem Meere, Du Hafen im Schiffbruch. Komm, aller Lebendigen herrlicher Schmuck, aller Sterbenden einziges Heil. Komm, heiliger Geist, komm und erbarme Dich meiner, bereite mich Dir zu und laß Dich in Gnaden zu mir herab; so daß Deiner Große meine Niedrigkeit und Deiner Stärke meine Schwachheit nach dem Reichthum Deines Erbarmens gefallen möge durch Jesum Christum, meinen Heiland, welcher mit dem Vater in Deiner Einheit lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen!

Anselm von Canterbury – Jesu Tod

Was hast Du verbrochen, theuerster Gottessohn, daß Du also gerichtet wardst? Was war die Ursache Deines Todes, was der Grund Deiner Verdammung? Ich, ich bin die Geißel Deines Schmerzes, ich habe Dich ans Kreuz gebracht mit allen seinen Qualen. O über den wunderbaren Rechtsspruch und geheimnißvollen Rathschluß! Es sündigt der Gottlose, und bestraft wird der Gerechte; was der Böse verdient, leidet der Gute; was der Knecht verschuldet, bezahlt der Herr; was der Mensch begeht, nimmt Gott auf sich. Wie tief, o Gottessohn, hat sich Deine Demuth herabgelassen! Wie herrliche Gnade, wie hohe Güte, wie innige Liebe, wie großes Mitleid hast Du gezeigt! Ich thue Uebels, Du trägst die Strafe; ich bin stolz, Du erniedrigest Dich; ich bin unmäßig, Du leidest Hunger; ich suche nach Vergnügen, Du läßt Dich mit Nägeln durchbohren; ich koste die Süßigkeit des Apfels, Du die Bitterkeit der Galle. Mit mir lacht und freuet sich Eva; mit Dir weint und leidet Maria.