Hofacker, Ludwig – Gebet am Karfreitag Morgen.

Jesu, du gekreuzigter HErr der Herrlichkeit! du bist an dem heutigen Wochentag an dem Holz des Kreuzes ein Fluch für mich geworden; ich habe dir Mühe gemacht mit meinen Sünden und Arbeit mit meinen Übertretungen. Lass mich doch auch Etwas von dein Segen, den du mir in deinen bittern Leiden erworben hast, in dieser Morgenstunde und heute den Tag über genießen. Schon oft habe ich von dir gehört, dass du, des lebendigen Gottes Sohn für mich, ja auch für mich gestorben seist und mir ewige Vergebung und Seligkeit erworben hast, aber es ist mir bisher nie ins Herz gedrungen, sondern beim bloßen Hören geblieben. O welch eine Blindheit, welch ein Undank! Es ist schon eine unverdiente Gnade, dass ich in der vorangegangenen Zeit nicht in meinen Sünden gestorben bin, dass ich diesen Karfreitag noch erlebt habe. Aber du hast ihn mich doch auch darum erleben lassen, dass ich an demselben mit dir, meinem Heiland, inniger vereinigt werde. So nimm mich denn selbst in die selige Gemeinschaft deiner Liebe auf und wasche mich rein von meinen Sünden. Mache mich dir gleichgesinnt. Lass mich auch bei der Plage, die jeder Tag, auch der heutige eigen hat, Geduld beweisen. Herrsche in mir, als der Fürst des Lebens und pflanze in mein Herz ein neues Leben der Wahrheit, der Liebe, des Glaubens und der Gerechtigkeit und behüte mich vor allem Leichtsinn und den Werken der Finsternis. Gib, dass ich dir mit stillem und sanftem Geist anhange und mich um einen bleibenden Segen aus deinen Leiden mit Ernst bemühe. O lass mir diesen Tag einen gesegneten Karfreitag werden, daran dein Geist meinem Geist Zeugnis gibt, dass du auch für meine Sünden dich hingeopfert, mich von aller Schuld und Strafe befreit, und zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes geheiligt hast. Dazu hilf mir HErr Jesu um deiner Güte willen und vergiss meiner nicht, dass ich deiner nicht vergesse. Amen!

Ludwig Hofacker – Abendgebet am Karfreitag.

Heiliger und gerechter Gott! ich habe keine Ursache viel zu lachen und fröhlich zu sein nach der Weise dieser Welt, wohl aber nach dem Wort deines lieben Sohnes leid zu tragen. Wie tief soll das mich kränken, dass ich dich, die lebendige Quelle verlassen und im Dienst der Sünde mein himmlisches Erbteil so lange verachtet, und mir den Zorn gehäuft habe auf den Tag des Zorns. Noch habe ich ein Gefallen an der Sünde! bis auf diesen Tag ist mein Herz noch hart und ungläubig, meine Lippen unrein, mein Treiben und Wandeln ungöttlich, ungeistlich, weltförmig. Was soll ich sagen vor dir, der du für mich Elenden deinen eingebornen Sohn in den Tod gegeben hast, und nun bei mir umsonst nach Früchten eines dankbaren Glaubens und eines kindlichen Gehorsams fragst! HErr erbarme dich über mich und vergib mir! Wirke in mir wahre Neue, wahre Sündenerkenntnis, die mich ewig nicht gereut, damit ich nicht in meinem trägen Sinn bis in den Tod hinein schlafe und träume! Wecke mich auf, HErr, und erleuchte mich und rufe mir zu: mache dich auf, werde licht, denn dein Heil, die Sonne der Gerechtigkeit geht auf über dir! Ich bin ja erlöst; ich bin berufen zu deiner seligen Gemeinschaft durch Jesum Christum ach, so lass sein teures Verdienst, seinen Gnadenruf, seine Geduld nicht vergeblich an mir sein! Viel besser nicht geboren, als ewig verloren! viel besser nie geboren, als Jesum verloren! – HErr Jesu Christe! wie der Aussätzige falle ich vor dir nieder und rufe dich an: HErr, so du willst, kannst du mich folgsam und gläubig machen! Ja, tue es! blicke mich an und richte meine Augen auf dich und lass mich wissen, dass ich dein sei, dass du auch mich erkauft hast. Ich gehe nun zur Ruhe, o Herr! segne mich und behüte mich! aber lass mich nicht mehr ruhen, bis ich dich gefunden habe, bis ich auf ewig dein bin! Also geschehe mir um deiner Erbarmung willen. Amen!

Johann Christian Storr – Zum Schlusse der stillen Woche.

Lieber Herr Jesu, ich habe dich am Anfange dieser stillen und großen Woche um ein stilles Herz gebeten. Nun bitte ich dich auch bei deinem Grabe: gieb mir Gnade, daß ich meine Seele setzen und stillen könne. Dein Tod am Kreuz hat Alles unter deinen Freunden und Feinden stille gemacht, was zuvor voll Unruhe war. Nun so heilige auch mir deinen Todestag und den Tag deiner Begräbniß zu einem Tag der Ruhe und heiligen Stille. Nachdem mir das Wort von deinem Kreuz, welches ich diese Woche gehöret, in meine Seele gedrungen und mich wegen meiner Mitschuld gleichsam gezüchtiget hat, so gieb mir Gnade, daß ich nun in dieser Abendstunde beruhe und still bleibe in deiner Gnade, die du auch mir durch dein heiliges Leben erworben hast. Laß mir, o Herr, die Schätze, so in dem Geheimniß deines Kreuzes verborgen liegen, nicht vergeblich aufs neue geöffnet sein, sondern gieb, daß ich in stillem Geist des Glaubens dieselben ergreife und genieße, dadurch mein Herz zu brünstiger Liebe gegen dich entzünde und mich zu heiligem Wandel in deiner Nachfolge antreibe. Amen.

Augustinus – Karfreitag

Ach Herr, du ewiger und gütiger Gott und Vater, siehe doch an deinen lieben Sohn, was er für große Schmerzen meinethalben hat müssen leiden! Ach, Vater, siehe doch, wer solches leidet, und gedenke doch gnädiglich, für wen er leidet. Ists nicht, ach treuester Vater, dein Sohn, das unschuldige Lamm Gottes, das du für den Knecht gegeben hast? Ist nicht das der Herr der Ehren und des Lebens, der wie ein Lamm zur Schlachtbank geführet und dir bis in den Tod gehorsam gewesen, ja den allerschmählichsten Tod auf sich genommen hat? Ach gedenke doch, o Gott, der du der Welt Leben begehrest, dein geliebter und einiger Sohn ists, den du aus deinem Herzen geboren und meiner Schachheit theilhaftig gemacht hast. Ach fürwahr, das ist deine Gottheit, die meine Natur an sich genommen und sich an das Kreuz hat lassen heften, und die schwere Strafe unserer Sünden getragen hat. Ach Herr, wende deine Augen auf dieses große Werk deiner Gnade und Gütigkeit. Siehe an deinen lieben Sohn, wie er an seinem ganzen Leibe ausgedehnt und ausgesprannt ist. Siehe an seine Hände, wie das Blut daraus wie aus einer Quelle fließet, und vergieb mir gnädiglich die Missethat, die meine Hände begangen haben. Siehe an, Herr, wie seine Seite durchstochen ist, und erquicke mich mit dem Blute, das daraus geflossen. Siehe an seine Füße, die doch nicht auf dem Wege der Sünde gegangen sind, sondern allezeit in deinem Gesetz gewandelt haben, wie dieselben mit Nägeln durchgraben sind, und verleihe mir Gnade, daß meine Füße in deinen Wegen gehen; thue weg von mir den Weg der Bosheit, und laß mich allezeit auf deiner Bahn wandeln. Amen.

Bernhard von Clairvaux – Kreuzigung

Wie schrecklich handelt mit Dir, o Herr, das böse und verkehrte Geschlecht! Und was thust Du, Da Deine Hände ausgespannt sind am Kreuze, da das Morgenopfer schon zum Abendopfer wird, rufest Du aus: Vater, vergieb ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun! O wie bereit bist Du zum Vergeben! wie groß ist Deine Liebe, wie weit sind Deine Gedanken über unsere Gedanken, wie unwandelbar ist Dein Erbarmen selbst über die Gottlosen! Wunderbar Er ruft: Vergieb! die Juden: Kreuzige! O ihr Juden, rohe Steine seid ihr, aber ihr schlagt auf einen zarten Stein, aus dem Gnade erklingt und Oel der Liebe fließt. Mit welchem Strome der Lust wirst Du, o Herr, erst die tränken, die nach Dir sich sehnen, wenn Du schon die, welche Dich kreuzigen, mit dem Oele Deines Erbarmens überschüttest!

Magnus Friedrich Roos – Am Charfreitag.

HErr Jesu Christe, Du bist in Deinem Leiden in der Sünder Hände übergeben gewesen, und diese haben ihren Muthwillen an Dir ausgeübt, zugleich aber ist der Rathschluß Deines himmlischen Vaters ausgeführt und die Schrift erfüllt worden. Unter den Menschen aber hat damals Niemand diesen Rathschluß recht erkannt, Niemand hat die Schrift, die erfüllt werden sollte, verstanden. Die Jünger haben sich an Dir geärgert, die Weiber von Jerusalem im Unverstand geweint, und Juden und Heiden sich als Feinde gezeigt. Du allein warst der Weise, der Geduldige, der Gehorsame und Gerechte, aber eben dadurch die Gerechtigkeit der ungerechten Menschen, deren Sünde Du trugst. Wir bekennen Dir auch unsern Ungehorsam, unsere Ungeduld und ganze Sündenschuld. Auch unsere Sünden hast du tragen und büßen müssen, auch wegen unsers Ungehorsams warst Du bis zum Tod am Kreuz gehorsam, wegen unserer Thorheit hast Du die Schrift erfüllt, und wegen unserer Ungeduld Deinen himmlischen Vater mit der reinsten Geduld im leiden geehrt. Wir danken Dir herzlich dafür, und bitten Dich, daß du dich durch Deinen Geist immer mehr in uns verklären, und uns Kraft schenken wollest, im Leben und Sterben uns glaubig an Dich zu halten, und Deiner vollbrachten Erlösung zu trösten. Lehre uns aber auch Deine Wege verstehen, Deine Gerichte preisen, und Deine Züchtigungen williglich übernehmen. In Deinem schweren verdienstlichen Leiden hast Du das Werk der Erlösung vollbracht: nun soll auch das Werk der Heiligung bei uns unter dem Leiden, das Du uns auflegst, fortgeführt werden. Wir sollen mit Dir leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden. Gib uns also rechtschaffenen Glauben, der Geduld wirkt. Lehre uns die Schrift verstehen, die auch an uns erfüllt werden muß. Mache uns fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Trübsal, und im Gebet unverdrossen. Amen.

Zum Leiden schenke uns Geduld,
Und Weisheit zu den Werken.
Gib Licht, daß wir von Deiner Huld
Die Spuren glaubig merken.
Amen.