unbekannt

Ach gieb und verleihe du, allerliebster Herr JEsu, daß, wie ich mich jetzo mit dem Leib aufrichte, also ich auch meine Seele und Gemüth von dem Irdischen zu dem Himmlischen mit herzlichem Verlangen erhebe, und mich sehne nach dem, das droben ist. Weil du mich aufrichtig gemacht hast, so verleihe, daß ich meine Augen allezeit zu dir aufhebe und aufrichtig vor dir wandle und handle. Wenn ich auch diesen Tag wider meinen Willen im Gewissen fallen möchte, ach so richte mich alsobald wieder auf mit deiner allmächtigen Gnadenhand. Amen.

Johann Quirsfeld – Nachfolge

Liebster Jesu, der du dich in den Tagen deines Fleisches freiwillig hast unter das Gesetz begeben, auf daß du die, so unter dem Gesetze waren, erlösest, und wir die Kindschaft empfingen; hilf doch auch, daß wie du von deiner lieben Mutter Maria im Tempel dem Herrn dargestellt wurdest, ich mich selbst nach der Reinigung meiner Sünden dem Herrn darstellen und meinen Leib begeben möge zum Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Laß mich mit dem alten Simeon dir allein in Frömmigkeit und Gottesfurcht täglich dienen, daß dein heiliger und guter Geist auch in mir sein und bleiben möge. Laß mich dich selbst in wahrem Glauben in mein Herz einschließen, gleichwie dich Simeon in seine Arme schloß; damit ich endlich auch mit Freuden mein Leben endigen, und mit ihm gläubig sagen könne: Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast. Denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, welchen du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht zu erleuchten die Heiden, und zum Preis deines Volks Israel. Und dann nimm meine Seele auch in deine Arme und trage sie selbst in deine Herrlichkeit. Amen.

Allgemeines evangelisches
Gesang- und Gebetbuch
Hamburg 1846
Agentur des Rauhen Hauses

Basilius – Frieden

Herr, unser Gott, der du dem Menschen den Frieden gegeben, und auf deine Schüler und Apostel die Gabe des heiligen Geistes herabgesendet, und nach deiner Allmacht durch feurige Zungen ihre Lippen geöffnet hast: öffne auch uns Sündern die Lippen, und lehre uns, wie es sich gebührt, und um die rechten Gaben bitten. Lenke zu dir hin das Steuer unsers Lebens, du stiller Hafen für alle die im Sturm umhergetrieben werden, und weise uns den Weg, auf dem wir wandeln sollen. Erneure in unsern Gemüthern den willigen Geist und bändige mit deines Geistes Zügel unsre flüchtigen Sinnen, damit wir alle Tage von deinem guten Geiste zu dem, was uns frommt, geleitet, und gewürdiget werden mögen, deine Gebote zu thun, und allezeit deine herrliche und freudenreiche Nähe bei allen unsern Werken zu rühmen. Gieb nicht zu, daß wir uns betrügen lassen durch die vergängliche Lust dieser Welt; sondern stärke uns, daß wir uns ausstrecken können nach dem Genusse der zukünfigen Güter. Denn dein ist Preis und Ehre bei allen deinen Heiligen, in Ewigkeit. Amen.

Allgemeines evangelisches
Gesang- und Gebetbuch
Hamburg 1846
Agentur des Rauhen Hauses

Gottfried Arnold

Gott Vater, meine Hülfe, bis hieher hast du geholfen, du bist der Gott, der alle Hülfe thut. Mit Herz und Mund preise ich dich, daß du mich auf meinen Wegen treulich geleitet, väterlich versorget, mächtig beschützet und in den Seilen deiner Liebe wieder zu den lieben Meinigen geführet hast. Ich schwebte oft in Gefahr und Noth, allein da ich dir, du Hüter Israel, vertrauet, konnte mich nichts aus deiner Hand reißen. Du hast meinen Fuß aus dem Netze gezogen, daß ich errettet, ganz fröhlich rühmen kann. Dieis alles habe ich deiner mächtigen Vorsorge zu danken, und bitte dich nun herzlich, du wollest mich auch fernerhin in deinem göttlichen Schutz erhalten, in mir eine sehnliche Begierde nach dem himmlischen Vaterlande erwecken und gnädig verleihen, damit ich immer mehr Fleiß thue, meinen Beruf in Jesu feste zu machen, und wenn meine Pilgrimschaft einst zu Ende geht, mein Leib eine stille Herberge im Grabe, die Seele aber die Freude in den zubereiteten Wohnungen bei Jesu ewig genießen möge um seiner Liebe willen. Amen.
*Gottfried Arnold*

Gebetbuch,
enthaltend
die sämmtlichen Gebete und Seufzer
Dr. Martin Luther’S,
wie auch Gebete
von
Melanchthon, Bugenhaben, Matthesius, Habermann, Arnd
und anderen Gott-erleuchteten Männern.
Herausgegeben
vom
evangelischen Bücherverein
Berlin, 1849.
Im Magazin des Vereins, Klosterstraße No. 71

Johann Arnd – Nachfolge

Mein Jesu, du Bräutigam meiner Seele, komm doch, und verlobe dich mit mir in Gnade und Barmherzigkeit, ja im Glauben; wohne und wandle in mir, zeuch mich ganz nach dir, und in dich, dass dein und mein Willen eins, ich der göttlichen Natur teilhaftig und von deiner Liebe weder durch Tod noch Leben geschieden werde.

Friedrich Arndt – Gebet

Herr, göttlicher Mittler, erbarmungsreicher Heiland, nimm uns gnädig an, heilige Dir selbst unsere Seelen, und verwirf uns arme Sünder nicht. Unsere Herzen sind bewegt von dem Anblick deiner liebenden Leiden und deiner leidenden Liebe, Du Mann der Liebe und der Schmerzen; o laß diese Bewegung bleiben, laß sie die stehende Grundstimmung unseres Inneren werden, laß Dein Marterbild und begleiten in die Freuden und Arbeiten, in die Schmerzen und Thränen des Lebens hinein. Wenn die Weltlust uns lockt, unsere Dir geweihete, Dir gehörende Seele vergiften will, und es darauf anlegt, uns von Dir wieder loszureißen und in ihren Jammer zurückzuziehen: Herr, tritt dann in Deiner Kreuzesgestalt vor unsere Seele, zeige uns deine Wunden und rufe uns zu: das that ich für dich, was thust du für mich? Wenn die Sünde, die Versuchung, der Unglaube, die Zweifellust, der Unfriede, die Thorheit und Klügelei uns nahet, und unsere Seele schwankt zwischen Deinem Gebot und der Lust der Sinne, wenn unser Gebet, unsere Liebe zu Dir ermatten will und der Kampf nachzulassen, der Feind zu siegen scheint: Herr, dann tritt in dem Bilde Deiner Leiden und Schmerzen vor uns hin, dann erinnere uns an Dein Kämpfen, Dein Ringen, Dein Bluten für uns, dann zeige uns den Preis, um deßwillen wir erlöset sind, und gieb uns neue Kraft und Stärke, daß wir das Feld behaupten und sprechen: wie könnt ich solch ein Uebel thun, und wider den Herrn meinen Gott sündigen? Wenn des Lebens Trübsale uns niederdrücken, die Noth steigt, die Menschen uns verlassen, die Unsrigen sterben, Alles um uns her die Oede und Wüstenei zu Werden droht, dann, Herr, ja dann laß uns sehen Deine Geduld, deine Ergebenheit, Deine Sanftmut und Liebe, Dein Gottvertrauen, und in dem Anschauen Deiner Herrlichkeit Frieden und Ruhe finden für unsere Seele. Wenn endlich unser Sterbestündlein schlägt und wir den letzten Gang gehen sollen, unsere Augen nicht mehr sehen werden, unser Ohr nicht mehr hören wird, unsere Lippen nicht mehr seufzen können, dann laß den Blick auf Dich, die Erinnerung an Deine letzten Worte unser Labsal sein in unserer allerletzten Noth, dann reiche uns Deine durchgrabene Hand führe uns durchs dunkle Todesthal und nimm uns auf in Deine ewige Herrlichkeit.

Wenn ich einmal soll scheiden,
So scheide nicht von mir;
Wenn ich den Tod soll leiden,
So tritt Du dann herfür;
Wenn mir am allerbängsten
Wird um das Herze sein,
So reiß mich aus den Aengsten
Kraft Deiner Angst und Pein.
Erscheine mir zum Schilde,
Zum Trost in meinem Tod,
Und laß mich sehn Dein Bilde
In deiner Kreuzesnoth.
Da will ich nach Dir blicken,
Da will ich glaubensvoll
Dich fest an mein Herz drücken
Wer so stirbt, der stirbt wohl. Amen.

Bernhard von Clairvaux – Gebet

Komm, Erwartung der Völker, Herr Jesu, und erfreue uns durch deine göttliche Gegenwart! Wir bedürfen des Rates, der Hilfe, des Schutzes. Meinen wir auch aus uns selbst das Gute und Böse zu unterscheiden, fallen wir allzu leicht in Täuschung, lassen uns unvermerkt beschmeicheln. Wollen wir Gutes tun, fehlt uns die Kraft und Zuversicht. Mühen wir uns, dem Bösen zu widerstehen, machen wir allzuoft die traurige Erfahrung, daß wir schwach sind, und zuletzt unterliegen wir. So komm denn und heile unsere Blindheit, komm zu Hilfe unserem schwachen, unzulänglichen Menschenwesen. Komm, du Glanz der göttlichen Herrlichkeit! Komm, Gottes Kraft und Gottes Weisheit; wandle unsere Nacht zum Tag, schütze uns vor Gefahr, erleuchte die Blindheit, stärke den Mut in uns, führe uns treu an deiner Hand und leite uns deinem Willen gemäß auf dieser irdischen Pilgerschaft, bis du zuletzt uns aufnimmst in die ewige Stadt, die du selbst gegründet und aufgebaut hast.

Christoph Blumhardt – Nachfolge

Lieber Vater im Himmel, gib uns, deinen Kindern, deinen Geist, dass auf Erden etwas von dir offenbar werde und nicht nur Menschliches, sondern göttliche Kraft und göttliche Wahrheit heimisch werden bei uns in all unserem Tun. Lass uns immer stark bleiben in unserem Herzen, auch wenn sichs oft verdunkelt, dass du um uns bist, und dass dein Reich sich um uns legt, damit Kräfte des Friedens und Kräfte des Heils an uns offenbar werden. Du kannst alles schaffen, auch was wir nicht verstehen. Wir tun, was wir verstehen, und du hilfst uns dabei; aber was du tun kannst, das können wir nicht tun; darum hoffen wir und glauben wir, dass du mit deiner Macht, mit deinem Geist noch unser ganzes Leben einnehmen wirst und das Leben der vielen Menschen, die in ihrem Herzen seufzen um eine wahrhaftige Wahrheit des Lebens. Amen.

Friedrich Christoph von Oetinger – Nachfolge

Herr Jesu, du versprichst mir, du wolltest mir immer gegenwärtig sein und über mich wachen. Wir Armen schreiben uns so gern zu, was wir doch von dir gelernt haben. Präge dies tief durch deine geheime Führung meinem Herzen ein. Lass mich nicht von deinen Regeln abweichen, sondern mich auf dich verlassen, damit ich Gnade finde bei Gott und den Menschen. Lass mich bei allem, was ich zu tun habe, denken, du tuest es durch mich. Du kannst auch meine krummen Wege gerade machen. Lass mich dich immer vor Augen haben, so bleibt mein Herz in der Ruhe. Denn sonst mache ich mir viele vergebliche Unruhe. Züchtige mich durch deinen Geist, wenn ich irre gehe,. dass ich mich immer wieder zurechtfinde und in deiner Kraft getrost meinen Weg fortsetze. Amen.

Christian Wilhelm Spieker – Gebet um Nachfolge

Wenn ich erwache, o Herr, so denke ich an dich. Ist’s doch so köstlich, die Gedanken zu dir erheben, du heiliger, grundgütiger Gott. Du umgiebst mich überall mit den Zeugnissen deiner Allmacht, Weisheit und Güte! So sei denn auch der Gedanke an dich mein Trost und meine Freude. Ich gehe oder liege, so bist du um mich; du siebest alle meine Wege. Welch ein seliges Gefühl, der Herr ist mir nahe; er leitet mich an seiner Hand und läßt sein Angesicht freundlich leuchten über mir! O Herr, mein Gott, so will ich denn auch vor dir wandeln und mich hüten, daß ich in keine Sünde willige, noch thue gegen dein göttliches Gebot. Es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht Alles wissest. Kein Wort gehe denn aus meinem Munde, wodurch ich den Nächsten betrüben, den Kleinen Aergerniß geben, die Wahrheit entstellen, das Recht beugen, das Heilige antasten könnte. Du kennst alle meine Gedanken von ferne. So komme denn nichts auf in der Seele, was dir mißfällig sein könnte, dessen ich mich vor meinem Gewissen zu schämen hätte, das die Farbe des Neides, der Selbstsucht, des Hasses tragen möchte. Auch mein Seufzen ist dir nicht verborgen. An dich will ich mich allezeit mit meinen Wünschen wenden; von dir mit kindlicher Zuversicht erbitten und erwarten, was mir gut und nützlich ist; auf dich meine Hoffnung setzen und die Wohlfahrt meines Lebens bauen. Du vergissest und versäumest Keinen, der sich auf dich verläßt. Vor dir will ich wandeln und fromm sein, dich immer tragen in meinem Herzen. Das wird mir geben einen freudigen und gewissen Geist, einen festen Willen, ein ruhiges Herz, einen heitern Sinn. Dazu hilf, du lieber himmlischer Vater, heute und alle Tage durch deinen eingeborenen Sohn Jesum Christum. Amen!